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Der 13. Juli ist ein echter Glückstag. So viele
Buckelwale an einem Tag beobachten zu können, das
haben wir uns nicht erträumt. Wir starten früh
morgens von den Abrolhos, fünf kleinen unter Naturschutz
stehenden Inseln, die etwa 75km vor dem brasilianischen
Festland liegen. Wir wussten, dass von Juli bis September
die Buckelwale (megaptera novaeangliae) in diese warmen,
ruhigen Gewässer um die Abrolhos kommen, um sich
zu paaren, Junge zu gebären und sie aufzuziehen.
Wir erlebten zwei Tage vorher, als wir mit dem Beiboot
die kleine Vogelinsel Siriba umrundeten, bereits eine
Walbegegnung, die uns Herzklopfen machte. Knappe zweihundert
Meter vor uns schwammen und bliesen ein Muttertier und
ihr Junges Richtung unser Beiboot. Wir hielten uns ganz
ruhig in unserem kleinen Gummiboot, das höchstens
halb so gross wie das Jungtier ist. Die beiden Wale
schwammen ruhig näher zu uns, das Junge ganz dicht
neben der Mutter, bis sie etwa 40 oder 50 Meter entfernt
waren. Wir sahen die riesigen dunklen Leiber sich durchs
ruhige Wasser vorwärts wölben. Es ist kaum
zu beschreiben, was die Nähe dieser riesigen Wale
in uns auslöste. Sicher Respekt, aber auch Bewunderung,
Faszination und ein unerhörtes Glücksgefühl!
Ich spürte ganz sicher, dass uns diese Tiere nichts
zuleide tun werden, obschon sie mit einer einzigen kleinen
Bewegung das Miniboot mit uns drin kippen, versenken
oder in die Luft werfen könnten. Ein Muttertier
misst bis zu 16 Meter und wiegt etwa 40 Tonnen. Da drehten
die beiden Tiere ab, da sie sehr nahe an die Inseln
herangekommen waren, und wir sahen sie blasend ins Meer
hinaus schwimmen. Den ganzen Tag war ich noch erfüllt
und beglückt von dieser wunderbaren Begegnung.
- Am 13. Juli also, als wir gegen Süden segeln,
spähen wir beide sehr angespannt aufs Meer hinaus.
Wir haben ja von den Meeresbiologen auf den Abrolhos
vernommen, es sollen sich bis etwa 2000 Buckelwale hier
um die Inseln aufhalten. Wir sind kaum eine halbe Stunde
unterwegs, da sehen wir etwas aus dem Wasser ragen,
das aussieht, wie eine alte dunkelgraue Boie mit weissen
Flecken. Wir nähern uns vorsichtig und der Buckel
bewegt sich. Ein dunkelgrauer Rücken wird sichtbar
und taucht ab. Oh, wir haben den ruhenden oder schlafenden
oder gar gebärenden Wal gestört. Excusé!
Das wollten wir nicht. Ob Wale auch schlafen, wissen
wir leider nicht. Das war aber erst ein "Versuecherli"!
Den ganzen Tag über sehen wir sicher gegen dreissig
oder mehr Wale. Einer schwimmt für ein paar Sekunden
ganz nahe, etwa eine Bootsbreite (4m) neben Casimu.
Er ist auf jeden Fall länger und viel gewichtiger
als unser Schiff. Schade, dass er nur so kurz bleibt.
Dann sehen wir es wieder blasen und kurz darauf die
schwarzen Riesenleiber durchs Wasser schieben. Viele
Male entdecken wir am Horizont riesige Gischtfontänen
von springenden Walen. Die Buckelwale sollen ja für
ihre akrobatischen Sprünge berühmt sein. Drei
Wale sehen wir aus ziemlicher Nähe springen.
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Leider sind wir etwas zu spät
mit der Kamera! |
Sie werfen sich senkrecht mit dem ganzen Körper
in die Luft, drehen sich um etwa 180 Grad, so dass wir
die hellen Bäuche sehen und lassen sich dann mit
ihren 30 bis 40 Tonnen ins Wasser plumpsen, was enorme
Gischt und auch Wellen verursacht.
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Letzter Akt der Vorführung |
Ich jauchze jedesmal viel zu laut, so dass Hans meint,
ich vertreibe die Wale so. Wie sie diese Sprünge
nur schaffen? Und wozu? Sicher doch nicht nur aus lauter
Freude oder zu unserer Bewunderung? Hans meint, vielleicht
um sich von Parasiten zu befreien. Ich werde die Walspezialistin
Veronika, meine frühere Nachbarin vom Dalmaziquai,
mailend anfragen. Sie weiss es sicher. Auf jeden Fall
kann ich kaum in die Küche hinunter um das Frühstück
oder das Mittagessen zuzubereiten, denn ich könnte
ja einen Wal verpassen! Nun, schliesslich fressen ja
die ausgewachsenen Wale jetzt monatelang auch nichts,
bis sie wieder in den kalten Gewässern ihren Krill
finden. Und etwas fasten könnte uns beiden auch
nicht schaden. Doch irgendwann treibt mich dann der
Hunger doch zu unserem Krillvorrat kurz in die Küche
runter. Lange sitze ich vorne auf dem Bugkorbbrett und
spähe von links nach rechts aufs Wasser. Plötzlich
kreuzt ein Wal von rechts auf, genau auf Frontalkurs.
"Röbbi, was können wir machen?",
schreie ich aufgeregt nach hinten zu Hans. Doch schon
ist der riesige Leib vor dem Bug, es fehlen vielleicht
noch zwei Meter zum Zusammenstoss. Da beschleunigt der
Wal enorm und taucht etwas ab. Gott sei dank, da hätten
wir den Kürzeren gezogen! Den ganzen Tag über
sehen wir Wale, kaum eine halbe Stunde ohne Begegnung.
Einer der schönsten Tage in meinem Leben! Und all
das für uns ganz allein! Weit und breit kein Schiff,
nur einmal ein kleines Fischerboot. Leider wird es hier
allzu früh dunkel. Die Sonne geht bereits um fünf
Uhr unter und um sechs spätestens ist es dunkel.
Was, wenn wir nachts mit einem Wal zusammen stossen?
Doch ich habe keine Angst, denn die Wale sind viel zu
intelligent.
Doch soweit kann es in dieser ersten Nacht kaum kommen.
Der schöne achterliche Nordostwind flaut abends
ab und gegen zehn Uhr nachts nimmt der südliche
Wind an Stärke zu. Zuerst motoren wir gegenan.
Die Wellen werden grob, steil und kurz, denn die Meerestiefe
ist hier kaum mehr als 40-50 Meter. Sollen wir unter
Segel zu kreuzen versuchen oder weiter in den Atlantik
in tieferes Wasser ausweichen? Nun, der Wind frischt
auf 27 bis 30 Knoten auf, also zum Teil Windstärke
7. Und das genau auf die Nase, mit grässlichem
Wellengang, die den armen Casimu dauernd prügeln
und plagen und uns mit. Das hatten die brasilianischen
Wetterprognosen nicht vorausgesagt. Wir entschliessen
uns zum Beidrehen. Das heisst, wir versuchen Casimu
mehr oder weniger zu "parkieren" und zwar
so, dass er möglichst keine Fahrt macht und in
den Wellen einigermassen ruhig liegt. Auch sollten wir
nicht zuviel abdriften. Die ganze Nacht über pfeift
uns der Ausläufer einer südlichen Front, der
kleine Bruder eines südlichen Sturms, um die Ohren.
Was wird uns erst in den südlichen Breiten erwarten....?!
Lieber stelle ich mir das noch gar nicht vor. Casimu
liegt unruhig und wir wechseln stündlich ab im
Ausguck halten, denn wir schlafen beide kaum. Schiffe
sind allerdings keine draussen. Endlich, nach sechs
Uhr morgens, dreht der Wind auf SSE, übersteigt
6 Beaufort nicht mehr und Hans setzt die gerefften Segel.
Zwanzig Meilen oder 4 bis 5 Stunden sind wir nach NNE
abgetrieben worden. Wir kreuzen nun gegen die nervöse,
feindliche See, die uns immer wieder in der Fahrt stoppt.
Wir erdulden einen Tag mit einigen Wenden und wenigen
Meilen. So macht Segeln überhaupt keinen Spass,
mindestens uns nicht. Zum Nachtessen gibt's nur "Gschwellti"
und schon vorbereiteten Chabissalat. Endlich, nach dem
Nachtessen nimmt der SE-Wind noch ein wenig ab, die
Wellen werden etwas kleiner und wir können einen
Anlieger segeln. Statt bereits im Jachtclub von Vitoria
zu ruhen, erwartet uns eine weitere Nacht auf See. Wir
sind beide sehr müde. Viele Fischerboote sind draussen
und es gilt dauernd Ausschau zu halten. Gegen Morgen
flaut der Wind ab, die See wird recht schnell sanft
und wir motoren die letzten 38 Meilen bis Vitoria. Morgens
sehen wir nochmals zwei Wale. Nun sind wir wieder Gäste
in einem der äusserst grosszügigen Jachtclubs
Brasiliens. Drei Tage darf man gratis liegen und alle
Angebote des Clubs benutzen: Wasser, Stromanschluss,
Duschen, Swimmingpool... und ab dem vierten Tag bezahlt
man 20 Reais oder etwa 12Fr. pro Tag. Die Anlagen sind
bewacht und sicher. Nach drei Wochen ohne Wasseranschluss
braucht Casimu wieder einmal eine "Putzete".
Während ich schreibe, übernimmt das unser
"marinero".
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Unser Skipper bewährt sich auch
als "marinero" |
Rückblick: Salvador - Vitoria : vom 27. Juni
bis 15. Juli
oder 600 Meilen in südlicher Richtung
Unsere Stationen: Salvador - Morro de Sao Paulo, 33sm*,
1 Tagesfahrt - Camamu, 42 sm, 1 Tagesfahrt - Ilheus
65sm, 1 Tagesfahrt - Cumuruxatiba 140sm, 1 Tag und 1
Nacht unterwegs - Abrolhos 53 sm, 1 Tagesfahrt - Vitoria
200sm, 1 ½ Tage und 2 Nächte unterwegs.
Zusammenfassend können wir sagen, dass wir sehr
häufig südliche und schwächere Winde
hatten, so dass wir viel unter Motor fuhren oder ziemlich
hart am Wind segelten. Die Höhepunkte dieser Etappe
waren Camamu und die Abrohlos. Camamu hat uns Jürg
Zysset schmackhaft gemacht und die Abrolhos kannten
wir als Blitzstopp von unserer ersten Brasilienfahrt.
*1 Seemeile misst 1,852 km und entspricht einer Bogenminute
auf dem Aequator
In der Abgeschiedenheit von Camamu
Camamu ist eine riesige Baia, etwa 60 Meilen im Süden
der Metropole Salvador, mit vielen Inseln, "Kanälen"
mit kilometerweiten Mangrovenufern, kleinen Dörfchen
und Fischern in Einbäumen.
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Fischer wie eh und je in ihren riesigen Einbäumen
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Alles unverdorben, kaum touristisch genutzt, wundervoll
ruhig zum Ankern, rudern und schwimmen. Das riesige
Gebiet dieser Baia und ihre unzähligen Arme sind
kartografisch nicht ganz erfasst. Wir haben eine gute
Detailkarte über den vermessenen Teil, sonst könnten
wir die Einfahrt mit vielen gefährlichen Untiefen
und Riffen nicht wagen.
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Einige Felsen sind gut sichtbar, andere
befinden sich nur knapp unter der Wasseroberfläche |
Nachdem wir Casimu verankert haben, spazieren wir am
nächsten Morgen ins Dörfchen Campinho, um
etwas einzukaufen und uns nach einem Fischerboot umzuschauen,
das uns durch die Untiefen nach dem 1 ½ Stunden
entfernten Ort Camamu fahren könnte, wo am Samstag
Markt ist. Vor dem kleinen Laden sitzen ein paar Männer
und Knaben vor dem Fernseher (29. Juni: WM-Fussballspiel
um den 3. und 4. Platz). Sofort erbietet sich einer,
uns mit dem einzigen Touristenboot nach Camamu zu fahren.
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Im Motorboot durch die Untiefen nach
Camamu |
Eine eindrucksvolle Fahrt durch die vielen Mangroven
bewachsenen Lagunenarme! In den nächsten zwei Stunden
werden wir an Inselchen und vielen untiefen Stellen
vorbei chauffiert.
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Auch die brasilianischen Fischer segeln mit
ihren Einbäumen
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Ganz angenehm, sich nicht selbst um den Weg kümmern
zu müssen. Nur einmal muss ich kurz das Steuer
übernehmen, da unser sympathischer und gesprächiger
Fahrer über den Bug pinkeln muss.
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Camamu, der grösste Ort der Gegend |
In Camamu ist Markt. Von weit her sind sie mit Lastwagen,
Last-Eseln und -Stieren angereist, um zu verkaufen oder
zu kaufen.
Ein Riesenbetrieb und Lärm und zugleich das wöchentliche
gesellschaftliche Ereignis der Gegend. Hier trifft man
sich neben dem Handeln und kann Neuigkeiten austauschen.
Auf einem Steh-Floss paddelt uns ein Junge zur Holzwerft
hinüber, wo riesige Kähne aus massivem Holz
in reiner Handarbeit gefertigt werden.
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Die Schiffswerft und ihr stolzer Juniorchef
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Das fertige Produkt |
Der Junior-Inhaber hat sehr Freude an unserem Interesse.
Wir dürfen auf ein fast fertiges 30- Meterboot
steigen und alles genau anschauen. Pläne, nein,
das kennen sie nicht. Ein Schiff wird nach Gefühl
gebaut. Auch nicht auf Bestellung. Sondern es wird meist
während dem Bau oder auch nachher an einen Interessenten
verkauft. Etwa vier Stück bauen sie pro Jahr. An
einem grösseren Schiff schaffen etwa zwanzig Arbeiter.
Er hat das Wissen von seinem Vater übernommen.
Er strahlt die ganze Zeit und man sieht ihm die Zufriedenheit
und den sympathischen Stolz auf sein Unternehmen an.
- Am Sonntagmorgen, dem 30. Juni, bummeln wir wieder
zum kleinen Laden im Dorf. Ein grösserer Fernseher
als am Vortag steht auf einer Kiste vor dem Laden und
viele Dorfbewohner sitzen oder stehen davor: WM-Final
Brasilien- Deutschland.
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Fussballfinal vor dem Dorffernseher |
Die Erwartungen an die brasilianische Mannschaft sind
enorm. Sie dürfen nicht verlieren. Die Stimmung
ist sehr angespannt, denn so sicher, dass sie wirklich
gewinnen werden, sind die Männer anscheinend doch
nicht. Die Getränke zum Feiern stehen aber schon
bereit: Cerveja (Bier), Zuckerrohrschnaps und Cocas.
Dass die morgendliche Sonne viele Lichtspiegelungen
auf den Bildschirm wirft, und der Ball kaum zu verfolgen
ist, stört niemanden. Alles fiebert. Und dann,
der Sieg: Hochspringen, jubeln, "La copa é
nossa!!" schreiend und "Chlepfer" loslassend,
so zeigen die Einwohner ihre Freude.
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"La copa é nossa!"
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Ja, Brasilien ist das Beste, Grösste und Einzige.
- Wir verbringen noch ein paar herrliche Tage an anderen
Ankerplätzen in der abgeschiedenen Weite von Camamu.
Ein Schweizer in Canaveiras
Nein, Christian Müller ist nicht irgendein Schweizer.
Er lebt seit fast zwanzig Jahren in Brasilien und wohnt
seit gut einem Jahr mit seiner äusserst sympathischen
Familie in der "Sitio historico" des ehemaligen
reichen Kakaohafens von Canavieras. Nach dem enormen
Kakaoboom verwahrlosten die schönen Wohn- und Lagerhäuser
an der Flussmündung. Erst in den letzten paar Jahren
werden sie wieder renoviert. Christian hat viel dazu
beigetragen und ist immer noch dran: er hat Fast-Ruinen
aufgekauft, renoviert, einen kleinen "mercado modelo"
wie in Salvador errichtet, ein Museum, ein Restaurant
und und....vorallem auch sehr viele Gegenstände
aus der Kakaozeit von den reichen Fazendas zusammengetragen
und ausgestellt. Der historische Teil der Stadt wird
zu einem kleinen Juwel in dem sehr wenig geschichtsträchtigen
Brasilien. Und das auch zu einem guten Teil dank dem
enormen Engagement von Christian. Ich darf im king-size-Bett
in der "Colonels Suite" übernachten,
einem historisch eingerichteten Riesenzimmer mit 7 Fenstern
und jeglichem Luxus. Falls du dieses Zimmer für
deinen Honeymoon- oder sonst einen Anlass mieten möchtest,
gebe ich dir die Adresse von Christian gerne. Er und
seine brasilianische Frau Lira sind auch Fachleute für
Immobilienkäufe und -verkäufe und alle damit
verbundenen bürokratischen Fallen und Hürden.
Leider vergass ich, den Fotoapparat mitzunehmen.
In den Fängen eines Fischernetzes
Von Ilheus geht's nachmittags auf, Richtung Süden.
Da wir wieder einmal Südwind haben, motoren wir
und kommen gut voran. Gegen 20 Uhr sehe ich im Dunkeln
rechts neben dem Schiff weisse Boien. Zu spät!
Schon haben wir's oder es uns erwischt: Netze, Seile,
Styroporquader... Der Schreck jedes Seglers. Wir hängen
fest und machen keinen Wank mehr. Hans stellt den Motor
sofort auf Leerlauf. Das Heck beginnt in den Wellen
aufs Wasser zu schlagen. "Hol den Bootshaken und
gib mir auch das Messer!", ruft Hans. Er versucht
das Netz zu lösen, beginnt zu schneiden, während
ich mit der starken Taschenlampe zünde. Immer noch
sind wir wie verankert. Wir setzen Segel, doch Casimu
macht trotz des recht kräftigen Windes keinen Wank.
Ich versuche zu steuern, Fahrt zu machen. Nichts. Zum
Donnerwetter! Wir hängen immer noch fest. Hans
rackert sich ab, zieht Seile hoch, schneidet... Endlich
sind wir frei, der Speedometer zeigt langsam wieder
an und wir segeln los. Vor dem Wind die 22 Meilen an
der Ilha Grande mit den gefährlichen Riffen vorbei
zurück nach Ilheus, wo wir um halb drei kreuzend
in die Bucht des Jachthafens einlaufen und ankern. Gott
sei Dank, es ist glimpflich abgelaufen. Hoffentlich
ist die Schraube des Motors nicht verbogen oder sonstwie
beschädigt. Das zeigt der morgendliche Tauchgang.
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Nach einer fast schlaflosen Nacht
muss im trüben Wasser noch die Schraube von
den Seilen befreit werden. |
In sehr trübem Wasser muss Hans die Schraube von
schwimmenden Seilen befreien und einen grossen Styroporquader
beseitigen, der zwischen Ruderblatt und Saildrive eingeklemmt
ist. Nur gut, dass wir von unserem letzten Schweizeraufenthalt
eine Not-Taucherausrüstung mitgebracht haben. Zum
Glück, die Schraube scheint noch in Ordnung. Wir
wagen nach einem Ruhenachmittag und einer guten abendlichen
"Moqueca" (bahianischer Eintopf) am nächsten
Morgen den zweiten Versuch gegen Süden.
Der Geheimtip Abrolhos
Der Archipel der Abrolhos liegt auf knapp 18° südlicher
Breite und knapp 39° westlicher Länge. Er wurde
mit über 900 qkm 1983 zum ersten marinen Naturschutz-Reservat
von Brasilien erklärt.
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Die grösste der Inseln ist Santa
Barbara mit dem Leuchtturm |
Da die 5 Inseln keinerlei Infrastruktur haben und ausser
einer auch nicht begangen werden dürfen, kann man
nur mit und im Boot hier sein. Wir sind gegen Abend
und nachts über meist allein an einer der wenigen
Boien, sobald die zwei oder drei Tagesausflugsboote
wieder weggefahren sind. Die Vogelinsel Siriba darf
man nur in Begleitung eines Biologen der staatlichen
Umweltschutz-Organisation IBAMA betreten. Uns begleiten
zwei Fachleute der Meeresbiologie: Marca, die Chefin
des botanischen Gartens von Rio de Janeiro, die zufällig
für ein paar Tage hier weilt und einer ihrer Studenten,
Frederico. Die weissen Möwen brüten überall
und sind gar nicht scheu, auch wenn man ihrem Nest,
das sie gleich neben das Weglein gebaut haben, zu nahe
kommt. Sie legen stets zwei Eier. Eines als Reserve,
falls das erste kaputt geht. Ausgebrütet wird aber
nur eines. Die meisten Küken sind noch nicht geschlüpft.
Wir sehen ein Jungtier, auf dem Bauch liegend und alles
von sich streckend, dessen Flaum von einem Elternteil
sorgsam mit dem scharfen, hakigen Schnabel geputzt wird.
Das Junge scheint es offensichtlich zu geniessen. Männchen
und Weibchen bleiben das ganze Leben zusammen. Die Männchen
bellen fast wie Hunde, während die Weibchen mit
hoher Stimme pfeifen. Diese und noch viele andere interessante
Einzelheiten zeigen und erklären uns Marca und
Federico.
Beim Schnorcheln zwischen den Inseln entdecken wir neben
dem farbigen Fischreichtum am Riff auch grosse Meeresschildkröten.
Ich schwimme ein Zeitlang mit ihnen. Auch das ist ein
enorm schönes und intensives Erlebnis. Ja, ich
könnte noch wochenlang hier in diesem Naturparadies
bleiben.
Vitoria, 16. Juli 2002 Heidi
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