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REISEBERICHT AUGUST 2001
  Fertigstellung und Feuertaufe von "CASIMU" / 1. Bericht

Vorwort für die, die noch von nichts wissen

Nachdem wir letzten Februar von unserem längeren Segeltörn (Denia - Rio de Janeiro) zurück kehrten, stellte sich uns die Frage: ist das jetzt was für uns oder nicht? Für ein paar Jahre das gemütliche Zuhause in der Schweiz gegen ein Segelboot zu tauschen? Klar war sofort, wenn ja, dann bald und nicht erst in hohem Alter! Kurz entschlossen begannen wir uns nach Segelyachten umzuschauen: zuerst nach kleineren, dann nach etwas grösseren und bestellten schliesslich an Ostern eine neue Bavaria 42, bei der, wie uns schien, das Preis-Leistungsverhältnis sehr gut ist. Die Arbeitsstellen wurden gekündigt und nun gings ans Planen: Tests lesen über Rettungsinseln, Radar und Funkgeräte, Selbststeuerungen und Listen erstellen, von all dem, was man sonst noch so auf einem Schiff, das man längere Zeit bewohnen will braucht. Anfangs Juli übernahmen wir in der Bavaria-Werft in Bayern, mitten im Grünen, unsere nigelnagelneue Bavaria 42. Sie gefiel uns, und wir erkannten auf den ersten Blick keine grösseren Mängel. Innert 24 Stunden wurde sie auf einen Transporter verladen und auf dem Landweg nach Workum ans Ijsselmeer in Holland gefahren, wo unser Händler Hafenplätze und Servicestelle hat.

Los geht's.... ( noch nicht ganz )
Ende Juli packten wir das Auto oben und unten voll mit Material: elektronische Geräte zum Einbauen, den Haus- resp. Schiffsrat, Werkzeugkiste, Bücher und viele Kanister (gibt es denn die in Holland nicht zu kaufen?). Und nun begann in Workum / NL vorallem für Hans eine sehr arbeitsintensive Zeit: viele elektrische Kabel mussten gezogen, Radar, GPS,
Fishfinder, Funk und vieles mehr eingebaut und angeschlossen werden. Das ging nicht immer ohne Frust und Aerger. Der Mast wurde mit Stufen bis zum Top versehen und bald hatte auch ich neben dem Handlangerinnen-Dasein Küche und "Haushalt" eingerichtet.

CASIMU wurde am 3. August von der Halle zum Kran gebracht und sanft ins Wasser gelassen. Von nun an lebten wir an Bord und es machte mir Spass, feine Nachtessen auf dem neuen glänzenden Gasherd zuzubereiten, in der Vorkoje unser schönes breites Bett auszuprobieren, das für die nächsten Jahre unser "Gliger" bei ruhiger bis mässiger See sein wird.
Bald war das Wichtigste getan, das meiste funktionierte, nur die teure elektrische Selbststeuerung war falsch montiert und kostete Hans viel Mühe und Zeit wie auch etliche Verrenkungen, um sie gebrauchstüchtig zu machen.

Darauf gings ans Warten. Während in der Schweiz wunderbares Augustwetter war, regnete es in Workum meist. Bei Sturmwarnung und diesem Hundewetter wollten wir nicht auslaufen, so wurde da noch ein Haken montiert und dort noch etwas nachgelesen.

Endlich ....Jetzt gilts ernst
Am Montag, den 13. August, liefen wir bei starkem SW-Wind, der uns fast auf die Nase traf, aus. Im Ijsselmeer können sich nicht so hohe Wellen bilden, da es eigentlich ein niedriger See und kein Meer ist. Wir kamen mit der Starkwindfock am Kutterstag und gerefftem Gross recht gut voran, allerdings im Oelzeug. Wir passierten die Schleusen von Enkhuisen und
später die bei Amsterdam. Beim Einnachten beschlossen wir den Nord-seekanal bis Ijmuiden durchzufahren, natürlich unter Motor. Am nächsten Morgen empfing uns Nebel und ich bedauerte die armen Holländer mit solchem Augustwetter. Wie ist es denn erst im November?! Der Wind nahm bald etwas ab und schon am Nachmittag war motoren angesagt: Richtung Strasse von Dover. Die Sonne kam zum Vorschein und wir assen bei angenehm warmem Abendlicht einen feinen gemischten Salat und Gemüse-risotto im Cockpit. Die erste Nacht unterwegs mit CASIMU: wir hielten uns an die 3 Stunden Wachen. Zuerst hielt ich etwa bis um 1 Uhr nachts nach Frachtern und Fischerbooten Ausguck, dann Hans bis 4 Uhr und dann kam wieder ich bis zum Sonnenaufgang. Zu steuern gab es nichts, da unsere geflickte Selbststeuerung das tadellos übernahm. Die Fahrt war ruhig und viel gemütlicher als ich mir den "Channel" vorgestellt hatte.

Von Eastburne ging es dann in Tagesetappen von 60 bis 80 Meilen (ca. 100 bis 140km) der südenglischen Küste entlang. Im Solent herrschte grosses Gedränge. Alles was Rang und Namen hatte -auch wir!- trafen sich zur Cowes Week. Ich habe noch nie so viele grosse Racer mit "Riesen-crews" und absoluten Hightech-Booten und -Segeln aufs Mal gesehen. Mit
achterlichem Wind und tollem Strom rasten wir durch die Needles, aber schon musste die Kapuze wieder hoch! Die nächste Station war Weymouth, voller sonntäglicher englischer Ausflügler, fish und chips mampfend...kaum was "anmächeliges" (sorry, aber ich kann mich kaum erinnern, an einem Ort so vielen hässlichen Menschen begegnet zu sein - oder bin ich verwöhnt aus der Toscana? Gell, du fasst es nicht als rassistische Polemik auf, was ich da spontan rauslasse...) Wir hatten immer wieder SW-Wind, was meist einen Hart-am-Wind-Kurs bedingte .... eher ruppig und anstrengend! Die Sicht leider oft mässig bis schlecht.
Weitere Uebernachtungsstationen waren das charmante Dartmouth in lieblicher Gegend und schliesslich Falmouth, dem Ausgangspunkt für die Biskaya. Hier warteten wir (mit Meteo-Beratung von Hamburg) auf das günstige Wetterfenster, das allerdings nicht so recht kommen wollte. Eine Front jagte die andere, so dass unsere Geduld arg strapaziert wurde, wollten wir doch die erste längere Ueberfahrt starten. Ich erhoffte mir natürlich auch ein paar sonnige Sommertage in Portugal. Und wieder mal einen klaren Sternenhimmel unterwegs... das ist doch wirklich kein übertriebener Wunsch!

Ueberfahrt Falmouth (GB) nach Isla de Ons (E) und
weiter nach Südportugal. Bericht von Hans:
"Am Freitag 24. August nachmittags mochten wir nicht mehr länger warten. Wir starteten bei günstigen Strömungsverhältnissen aber mit bis zu 5 Bft. Südwestwind. Dieser begleitete uns die erste Nacht, so dass einmal mehr unsere Starkwindfock zum Einsatz kam. Mitten in der Nacht blockierte dann das rausgefallene Kettenrad des Autopiloten die Steuerung. Die Reparatur war zwar mühsam, aber erfolgreich! Im Laufe des Samstags flaute es dann ab und bis sich die angekündigte Nord-Ost-Strömung endlich durchsetzte, war der Diesel aktiv. Mit schönen achterlichen Winden und bei guten Verhältnissen ging es da weiter Richtung Cap Finisterre. Am Montagnachmittag dann, ca. 70 sm vor dem Cap, Gewitter, Regen und stockdichter Nebel. Radio Finisterre brachte andauernd Securité-Meldungen mit Sichtweiten unter 50m! So war es auch, wir konnten kaum unsere Bugleuchte erkennen, von anderen
Schiffen keine Spur. Und das bei der leider notwendigen Querung des stark befahrenen Fahrwassers. Aber glücklicherweise gibts Radar und Funk. Ueber Funk haben wir die Grossschifffahrt auf uns aufmerksam gemacht. Erfreulicherweise wurden wir auch respektiert. So haben uns mehrere Schiffe, unter anderem der Containerriese "Sinotrans", bestätigt, dass
sie uns gesehen und rechtzeitig Kurskorrekturen eingeleitet haben. So blieb es dann bei eindrücklichen Begegnungen ohne „Körperkontakt". Nach der Fahrstrasse waren es dann nur noch die Fischer, die unsern Weg kreuzten. Frühmorgens dann ein kurzer Blick zum Cap, bevor es wieder im Nebel versank. Am Dienstag Mittag dann konnten wir nach 4x24h Anker an der Vigo vorgelagerten Insel Isla de Ons ankern und uns ausruhen. Am nächsten Morgen segelten wir weiter der portugiesischen West- und Südküste entlang bis Vilamoura wo wir am Sonntag 2. September
abends nach drei Wochen und über 1500 sm eintrafen.

Schiff und Crew haben die erste Etappe gut überstanden und freuen sich ca. Mitte November
Richtung Madeira, Kanaren..... zu starten. " Soweit Hans.

Beizufügen gibt es noch, dass wir auf der ganzen Ueberfahrt von England nach Spanien den Sternenhimmel kein einziges Mal sahen! Aber es begleiteten uns etliche Male viele Delphine. Im dichtesten Nebel bei Cap Finisterre waren sie wieder ganz nahe an den seitlichen Schiffswänden bei uns. Das weckte in mir sofort das Gefühl, beschützt und geleitet zu werden. Auch ein winziges gelb-grünes Vögelchen ruhte eines Morgens mitten auf dem Meer bei uns aus. Woher es bloss kam so allein? Es setzte sich auf meinen Aermel, hüpfte auf meine Schultern und Haare und kam abends in den Salon. Neben frischem Wasser offerierte ich ihm
alles nur Erdenkliche aus der Bordküche. Es hatte ein ganz spitzes, langes Schnäbelchen wie ein Specht und konnte auch den ihm schmeckenden geräuchten Fisch schlecht fressen. Nachts schlief es auf dem Arm der Navigatonsleuchte, Schnäbelchen unter die Flügel gesteckt. Während der morgendlichen Wache von Hans, starb es vor Erschöpfung. Wir waren beide sehr traurig unseren kleinen Freund zu verlieren.


Das alles ist nun schon ein Monat her. Im Moment bin ich am Wohnung aufheben, Abwesenheit organisieren und Reise vorbereiten, denn in einem Monat sind wir schon wieder auf CASIMU in der Marina von Vilamoura, wo noch einiges ergänzt werden muss.

Nachtrag für Segelfans, die mehr zu unserem Schiff wissen wollen:
CASIMU ist eine Bavaria 42, GFK Yacht, 3 Kabinen-Eigner-Version, Länge knapp 13m, Breite knapp 4m, Kurzkiel mit Tiefgang von 1,95m, 50 PS-Volvomotor, Rollgenua und Rollgross (Achtung: konfliktträchtiges Diskussionsthema!). Wir haben zusätzlich einen zweiten Dieseltank einbauen lassen, sowie einen Kutterstag für Starkwind- und Sturmfock. Die Selbstteuerung ist eine ST 6000, weiter gibt es Tridata ST 60 (Log, Lot und Speed) Radar (am Mast) von Raytheon, GPS - Fischfinder, Navtex , GMDSS - Funkanlage ...



Was jetzt noch ergänzt oder angeschafft werden muss: Leichtwindsegel (evt. Rollblister), Stromerzeugungsgerät (?), weiteres ommunikationsmittel, damit wir evt. auch von Bord mails senden und empfangen können ....z.B. von dir?

Melde uns, falls du es noch nicht tatest, ob du an weiteren (nicht allzu häufigen) Berichten interessiert bist. Du müsstest uns deine e-mail-Adresse angeben.


Heidi Brenner und Hans Stadelmann

 

 
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