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Fertigstellung und Feuertaufe von
"CASIMU" / 1. Bericht
Vorwort für die, die noch von nichts wissen
Nachdem wir letzten Februar von unserem längeren
Segeltörn (Denia - Rio de Janeiro) zurück
kehrten, stellte sich uns die Frage: ist das jetzt was
für uns oder nicht? Für ein paar Jahre das
gemütliche Zuhause in der Schweiz gegen ein Segelboot
zu tauschen? Klar war sofort, wenn ja, dann bald und
nicht erst in hohem Alter! Kurz entschlossen begannen
wir uns nach Segelyachten umzuschauen: zuerst nach kleineren,
dann nach etwas grösseren und bestellten schliesslich
an Ostern eine neue Bavaria 42, bei der, wie uns schien,
das Preis-Leistungsverhältnis sehr gut ist. Die
Arbeitsstellen wurden gekündigt und nun gings ans
Planen: Tests lesen über Rettungsinseln, Radar
und Funkgeräte, Selbststeuerungen und Listen erstellen,
von all dem, was man sonst noch so auf einem Schiff,
das man längere Zeit bewohnen will braucht. Anfangs
Juli übernahmen wir in der Bavaria-Werft in Bayern,
mitten im Grünen, unsere nigelnagelneue Bavaria
42. Sie gefiel uns, und wir erkannten auf den ersten
Blick keine grösseren Mängel. Innert 24 Stunden
wurde sie auf einen Transporter verladen und auf dem
Landweg nach Workum ans Ijsselmeer in Holland gefahren,
wo unser Händler Hafenplätze und Servicestelle
hat.
Los geht's.... ( noch nicht ganz )
Ende Juli packten wir das Auto oben und unten voll mit
Material: elektronische Geräte zum Einbauen, den
Haus- resp. Schiffsrat, Werkzeugkiste, Bücher und
viele Kanister (gibt es denn die in Holland nicht zu
kaufen?). Und nun begann in Workum / NL vorallem für
Hans eine sehr arbeitsintensive Zeit: viele elektrische
Kabel mussten gezogen, Radar, GPS,
Fishfinder, Funk und vieles mehr eingebaut und angeschlossen
werden. Das ging nicht immer ohne Frust und Aerger.
Der Mast wurde mit Stufen bis zum Top versehen und bald
hatte auch ich neben dem Handlangerinnen-Dasein Küche
und "Haushalt" eingerichtet.
CASIMU wurde am 3. August von der Halle zum Kran gebracht
und sanft ins Wasser gelassen. Von nun an lebten wir
an Bord und es machte mir Spass, feine Nachtessen auf
dem neuen glänzenden Gasherd zuzubereiten, in der
Vorkoje unser schönes breites Bett auszuprobieren,
das für die nächsten Jahre unser "Gliger"
bei ruhiger bis mässiger See sein wird.
Bald war das Wichtigste getan, das meiste funktionierte,
nur die teure elektrische Selbststeuerung war falsch
montiert und kostete Hans viel Mühe und Zeit wie
auch etliche Verrenkungen, um sie gebrauchstüchtig
zu machen.
Darauf gings ans Warten. Während in der Schweiz
wunderbares Augustwetter war, regnete es in Workum meist.
Bei Sturmwarnung und diesem Hundewetter wollten wir
nicht auslaufen, so wurde da noch ein Haken montiert
und dort noch etwas nachgelesen.
Endlich ....Jetzt gilts ernst
Am Montag, den 13. August, liefen wir bei starkem SW-Wind,
der uns fast auf die Nase traf, aus. Im Ijsselmeer können
sich nicht so hohe Wellen bilden, da es eigentlich ein
niedriger See und kein Meer ist. Wir kamen mit der Starkwindfock
am Kutterstag und gerefftem Gross recht gut voran, allerdings
im Oelzeug. Wir passierten die Schleusen von Enkhuisen
und
später die bei Amsterdam. Beim Einnachten beschlossen
wir den Nord-seekanal bis Ijmuiden durchzufahren, natürlich
unter Motor. Am nächsten Morgen empfing uns Nebel
und ich bedauerte die armen Holländer mit solchem
Augustwetter. Wie ist es denn erst im November?! Der
Wind nahm bald etwas ab und schon am Nachmittag war
motoren angesagt: Richtung Strasse von Dover. Die Sonne
kam zum Vorschein und wir assen bei angenehm warmem
Abendlicht einen feinen gemischten Salat und Gemüse-risotto
im Cockpit. Die erste Nacht unterwegs mit CASIMU: wir
hielten uns an die 3 Stunden Wachen. Zuerst hielt ich
etwa bis um 1 Uhr nachts nach Frachtern und Fischerbooten
Ausguck, dann Hans bis 4 Uhr und dann kam wieder ich
bis zum Sonnenaufgang. Zu steuern gab es nichts, da
unsere geflickte Selbststeuerung das tadellos übernahm.
Die Fahrt war ruhig und viel gemütlicher als ich
mir den "Channel" vorgestellt hatte.
Von Eastburne ging es dann in Tagesetappen von 60 bis
80 Meilen (ca. 100 bis 140km) der südenglischen
Küste entlang. Im Solent herrschte grosses Gedränge.
Alles was Rang und Namen hatte -auch wir!- trafen sich
zur Cowes Week. Ich habe noch nie so viele grosse Racer
mit "Riesen-crews" und absoluten Hightech-Booten
und -Segeln aufs Mal gesehen. Mit
achterlichem Wind und tollem Strom rasten wir durch
die Needles, aber schon musste die Kapuze wieder hoch!
Die nächste Station war Weymouth, voller sonntäglicher
englischer Ausflügler, fish und chips mampfend...kaum
was "anmächeliges" (sorry, aber ich kann
mich kaum erinnern, an einem Ort so vielen hässlichen
Menschen begegnet zu sein - oder bin ich verwöhnt
aus der Toscana? Gell, du fasst es nicht als rassistische
Polemik auf, was ich da spontan rauslasse...) Wir hatten
immer wieder SW-Wind, was meist einen Hart-am-Wind-Kurs
bedingte .... eher ruppig und anstrengend! Die Sicht
leider oft mässig bis schlecht.
Weitere Uebernachtungsstationen waren das charmante
Dartmouth in lieblicher Gegend und schliesslich Falmouth,
dem Ausgangspunkt für die Biskaya. Hier warteten
wir (mit Meteo-Beratung von Hamburg) auf das günstige
Wetterfenster, das allerdings nicht so recht kommen
wollte. Eine Front jagte die andere, so dass unsere
Geduld arg strapaziert wurde, wollten wir doch die erste
längere Ueberfahrt starten. Ich erhoffte mir natürlich
auch ein paar sonnige Sommertage in Portugal. Und wieder
mal einen klaren Sternenhimmel unterwegs... das ist
doch wirklich kein übertriebener Wunsch!
Ueberfahrt Falmouth (GB) nach Isla de Ons (E) und
weiter nach Südportugal. Bericht von Hans:
"Am Freitag 24. August nachmittags mochten wir
nicht mehr länger warten. Wir starteten bei günstigen
Strömungsverhältnissen aber mit bis zu 5 Bft.
Südwestwind. Dieser begleitete uns die erste Nacht,
so dass einmal mehr unsere Starkwindfock zum Einsatz
kam. Mitten in der Nacht blockierte dann das rausgefallene
Kettenrad des Autopiloten die Steuerung. Die Reparatur
war zwar mühsam, aber erfolgreich! Im Laufe des
Samstags flaute es dann ab und bis sich die angekündigte
Nord-Ost-Strömung endlich durchsetzte, war der
Diesel aktiv. Mit schönen achterlichen Winden und
bei guten Verhältnissen ging es da weiter Richtung
Cap Finisterre. Am Montagnachmittag dann, ca. 70 sm
vor dem Cap, Gewitter, Regen und stockdichter Nebel.
Radio Finisterre brachte andauernd Securité-Meldungen
mit Sichtweiten unter 50m! So war es auch, wir konnten
kaum unsere Bugleuchte erkennen, von anderen
Schiffen keine Spur. Und das bei der leider notwendigen
Querung des stark befahrenen Fahrwassers. Aber glücklicherweise
gibts Radar und Funk. Ueber Funk haben wir die Grossschifffahrt
auf uns aufmerksam gemacht. Erfreulicherweise wurden
wir auch respektiert. So haben uns mehrere Schiffe,
unter anderem der Containerriese "Sinotrans",
bestätigt, dass
sie uns gesehen und rechtzeitig Kurskorrekturen eingeleitet
haben. So blieb es dann bei eindrücklichen Begegnungen
ohne Körperkontakt". Nach der Fahrstrasse
waren es dann nur noch die Fischer, die unsern Weg kreuzten.
Frühmorgens dann ein kurzer Blick zum Cap, bevor
es wieder im Nebel versank. Am Dienstag Mittag dann
konnten wir nach 4x24h Anker an der Vigo vorgelagerten
Insel Isla de Ons ankern und uns ausruhen. Am nächsten
Morgen segelten wir weiter der portugiesischen West-
und Südküste entlang bis Vilamoura wo wir
am Sonntag 2. September
abends nach drei Wochen und über 1500 sm eintrafen.
Schiff und Crew haben die erste Etappe gut überstanden
und freuen sich ca. Mitte November
Richtung Madeira, Kanaren..... zu starten. " Soweit
Hans.
Beizufügen gibt es noch, dass wir auf der ganzen
Ueberfahrt von England nach Spanien den Sternenhimmel
kein einziges Mal sahen! Aber es begleiteten uns etliche
Male viele Delphine. Im dichtesten Nebel bei Cap Finisterre
waren sie wieder ganz nahe an den seitlichen Schiffswänden
bei uns. Das weckte in mir sofort das Gefühl, beschützt
und geleitet zu werden. Auch ein winziges gelb-grünes
Vögelchen ruhte eines Morgens mitten auf dem Meer
bei uns aus. Woher es bloss kam so allein? Es setzte
sich auf meinen Aermel, hüpfte auf meine Schultern
und Haare und kam abends in den Salon. Neben frischem
Wasser offerierte ich ihm
alles nur Erdenkliche aus der Bordküche. Es hatte
ein ganz spitzes, langes Schnäbelchen wie ein Specht
und konnte auch den ihm schmeckenden geräuchten
Fisch schlecht fressen. Nachts schlief es auf dem Arm
der Navigatonsleuchte, Schnäbelchen unter die Flügel
gesteckt. Während der morgendlichen Wache von Hans,
starb es vor Erschöpfung. Wir waren beide sehr
traurig unseren kleinen Freund zu verlieren.
Das alles ist nun schon ein Monat her. Im Moment bin
ich am Wohnung aufheben, Abwesenheit organisieren und
Reise vorbereiten, denn in einem Monat sind wir schon
wieder auf CASIMU in der Marina von Vilamoura, wo noch
einiges ergänzt werden muss.
Nachtrag für Segelfans, die mehr zu unserem Schiff
wissen wollen:
CASIMU ist eine Bavaria 42, GFK Yacht, 3 Kabinen-Eigner-Version,
Länge knapp 13m, Breite knapp 4m, Kurzkiel mit
Tiefgang von 1,95m, 50 PS-Volvomotor, Rollgenua und
Rollgross (Achtung: konfliktträchtiges Diskussionsthema!).
Wir haben zusätzlich einen zweiten Dieseltank einbauen
lassen, sowie einen Kutterstag für Starkwind- und
Sturmfock. Die Selbstteuerung ist eine ST 6000, weiter
gibt es Tridata ST 60 (Log, Lot und Speed) Radar (am
Mast) von Raytheon, GPS - Fischfinder, Navtex , GMDSS
- Funkanlage ...
Was jetzt noch ergänzt oder angeschafft werden
muss: Leichtwindsegel (evt. Rollblister), Stromerzeugungsgerät
(?), weiteres ommunikationsmittel, damit wir evt. auch
von Bord mails senden und empfangen können ....z.B.
von dir?
Melde uns, falls du es noch nicht tatest, ob du an weiteren
(nicht allzu häufigen) Berichten interessiert bist.
Du müsstest uns deine e-mail-Adresse angeben.
Heidi Brenner und Hans Stadelmann
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