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Suva, die quirlige Hauptstadt Fijis - Inder und Fijianer:
eine unglückliche Kombination - Methodisten und Menschenfresser
- Stadt-Impressionen - Kawa trinken oder Sevu Sevu - Picknick
Inselchen als Gefängnis - Armseliges Dorf Nabouwalu - Besuch
der Dorfschule - Abendessen beim Häuptling - Fast zu Hause
in Vacalea - Kawazeremonie im Dorf Kadavu - Rugby- und Korbball-Turnier
in Vacalea - Wir sind nur noch Passanten
Suva, die quirlige Hauptstadt Fijis
Bei strömendem Regen fahren wir am 26. August 2004 mit
dem Beiboot zur riesigen Kings Wharf, um einzuklarieren. Wo
können wir bloss unser Gummiboot festmachen und wo an Land
steigen?
Bei einer Baustelle entdecken wir eine rostige, kaputte Leiter,
die auf den Quai führt. Schon grüssen Bauarbeiter
mit freundlichem "Bula!", lachen uns zu, ermuntern
uns, die Leiter zu benützen, helfen mir galant an Land
und versichern uns, dass sie auf das Boot aufpassen werden.
"No problem!" - Gleich habe ich Suva ins Herz geschlossen:
wenn man bei trostlosem Wetter an einer unmöglichen Stelle
in einer fremden Stadt das erste Mal landet und dann gleich
willkommen geheissen und angelacht wird, fühlt man sich
schon fast zu Hause.
Zwischen Türmen von Containern hindurch suchen wir uns
den Weg zum Zollgebäude, wo wir sowohl vom Gesundheitsbeamten
wie von Selu, der lustigen Zolloffizierin, herzlich willkommen
geheissen werden. Sie legt zwar eine Unmenge Formulare vor
mich hin - alle mit vielen Durchschlagspapieren - doch das
ist in der netten Atmosphäre überhaupt kein Ärgernis.
Später ankern wir mit etwa 10 anderen Jachten beim "Royal
Suva Yacht Club" RSYC, wo wir unser Beiboot in Sicherheit
am Dinghisteg lassen können und warme Duschen vorfinden.
Beim gegenüberliegenden Gefängnis mit bunt bemalten
Mauern und einem der seltenen Fussgängerstreifen (für
wen wohl?) blicke ich zu den kleinen, vergitterten Fensterchen
hoch. Sie liegen sehr eng nebeneinander. Die Zellen müssen
winzig sein.
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Dieser Bus - ohne Scheiben, aber mit Regenschutz - bringt uns rasch ins
Zentrum. |
Im Zentrum von Suva. |
Doch schon kommt ein Bus und bringt uns ins geschäftige
Zentrum von Suva: der Markt ist überwältigend und
heute Freitag sitzen draussen um die riesige Markthalle auch
noch viele Bauernfrauen aus den Dörfern vor Maniok, Taro,
Yams, Kohlköpfen, Papayas.... Sie haben blaue Plastikplanen
gespannt, denn es regnet seit Tagen fast ununterbrochen. "Typical
Suva weather", werde ich aufgeklärt.
Was es da nicht alles zu kaufen gibt für einen einzigen
Fijidollar (ca. 0.5 Euro)! Seit Chile haben wir keinen solchen
Markt mehr gesehen und auch keine so günstigen Preise.
Immer wieder grüssende, lächelnde Menschen, offen
aber nicht aufdringlich. Ja, ich mag Suva, obschon es keine
schöne Stadt ist, aber die Menschen machen sie liebenswert.
Inder und Fijianer : eine unglückliche Kombination
Die vielen Inder und Inderinnen wirken meist ernst. Sie leben
seit drei oder mehr Generationen hier, haben sich aber nicht
mit den Einheimischen vermischt. Die indischen Taxifahrer
erzählen uns, dass sie nachts Angst haben, von Fijianern
überfallen zu werden. Im Supermarkt warnt mich eine Inderin,
dass Fijianer meinen Rucksack aufschneiden könnten, um
mir das Geld zu stehlen.
Die Spannung zwischen Fijianern und Indern ist für uns
spürbar: die Inder haben Angst, obschon sie fast die
Hälfte der Bürger dieses Landes darstellen, die
Fijianer äussern ihre Abneigung gegen die Inder meist
offen: "They want our country", erklären sie
uns etwa. Nein, einen Inder würden sie nie heiraten;
einen Europäer oder Chinesen ja, aber keinesfalls einen
Inder! "We don't like them", ist die einfache Erklärung.
Wie kommt es denn überhaupt, dass fast die Hälfte
der Bevölkerung gebürtige Inder sind? Gegen Ende des
19. Jahrhunderts begann auf Viti Levu, der grossen Hauptinsel
von Fiji, das Geschäft mit dem Zuckerrohr. Die europäischen
Plantagenbesitzer brauchten billige Arbeiter. Die britische
Regierung - Fiji war von 1874 bis 1970 eine englische Kolonie
- war im Dilemma: Fijianer wollten sie nicht zu Zwangsarbeit
auf den Plantagen verpflichtet sehen, da sonst die gut funktionierenden
sozialen Clan-Strukturen gefährdet würden.
Seit 1872 war es zum Schutze der Südseevölker auch
untersagt, Sklaven von den Salomonen oder den Neuen Hebriden
(heute Vanuatu) zu holen. Woher also die billigen Arbeitskräfte
nehmen? Die Briten wussten bald eine Lösung: aus (dem
britischen) Indien. Und so wurden 1879 die ersten Inder in
Fiji als Vertragsarbeiter in den Zuckerrohrfeldern eingesetzt:
5 Jahre mussten sie für Plantagenbesitzer Zuckerrohr
anbauen, darauf durften sie 5 Jahre kleine Landstücke
von Fijianern pachten und selber bebauen. Viele der Inder
blieben - verständlicherweise - nach 10 Jahren für
immer in Fiji.
Von den Fijianern starben gegen Ende des 19. Jahrhunderts
fast ein Drittel an den Masern, die eingeschleppt worden waren.
Und so kam es, dass die Bevölkerung von Fiji bald zur
Hälfte aus Indern bestand.
1970 wurde Fiji wieder eine unabhängige Nation. Die
vielen nun schon seit ein paar Generationen im Land lebenden
Inder verlangten zunehmend Gleichberechtigung, was die Fijianer
als Bedrohung betrachteten. Viele fürchteten, es könnte
ihnen gleich ergehen wie den Maoris in Neuseeland, den Aborigines
in Australien oder den Kanaken in Hawaii oder Neu-Kaledonien,
die in ihrem Heimatland verfolgt, verjagt oder ganz an den
Rand gedrückt wurden.
Die Spannungen eskalierten, als die Inder 1987 bei politischen
Wahlen die Mehrheit erlangten. Es kam zu Unruhen und Beschädigungen
indischer Einrichtungen. Der anschliessende Militärputsch
löste unter der fijianischen Bevölkerung Entsetzen
aus und die Zeitung "Fiji Sun" erschien am folgenden
Tag mit schwarzer Umrandung und der Schlagzeile "Gestern
starb in Fiji die Demokratie!"
Was hat sich seit damals geändert? Viele der verunsicherten
Inder, vor allem auch Intellektuelle, wanderten nach Australien,
Neuseeland oder den USA aus. Die Dagebliebenen - oft recht
erfolgreiche, fleissige Klein- und Mittelunternehmer - haben
immer noch kein Recht, Land zu besitzen; das gehört den
Fijianern gemeinsam und wird verpachtet.
Inder und Fijianer haben sich nicht vermischt und mögen
sich nicht besonders. Beide Gruppen hängen an ihren eigenen,
klaren Traditionen und Bräuchen und zeigen kein gegenseitiges
Interesse. Auffallend ist, dass einiges recht ähnlich
ist: bei beiden ist Herkunft und Familie sehr wichtig. Bei
den Fijianern heisst es Clan, bei den Indern sind es die Kasten.
Beide kennen das Feuerlaufen als religiöse Zeremonie:
Fijianer gehen über glühende Steine, die Inder über
die Glut.
Methodisten und Menschenfresser
Wie schon in Niue und Tonga besuchen wir am Sonntag in Suva
einen Gottesdienst. Wir bummeln zur Centenary Church
der Methodisten. Männer im Sulu (Jupe), Hemd, Krawatte
und Kittel steigen die Treppen hinauf. Einige sind mächtige
Brocken. Während der Predigt habe ich Zeit, Männer
und Frauen genauer zu betrachten: die Frauen haben fast alle
schwarze Wuschelköpfe, wie es für die Melanesier typisch
ist; die Männer sind meist recht kurz geschoren.
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Sonntäglich gekleidet im traditionellen Sulu (Jupe), Krawatte und
Kittel. |
Das hübsche Mädchen verkauft Yams auf dem Markt in Suva. |
Es fällt mir auf, dass viele kaum einen Hals haben. Die
Verbindung Körper - Kopf ist meist sehr kurz und dick Der
Nacken ein echter dunkler Stierennacken mit tiefer Fettfalte
und Höcker. Daraus steigt der Hinterkopf senkrecht hoch
mit kaum einer Ausbuchtung. Viele kann ich mir als Angst einflössende
Kannibalen sehr gut vorstellen. Kapitän Bligh und seine
Getreuen - von den Meuterern der Bounty in einem Beiboot ausgesetzt
- wagten wegen der kannibalischen Bräuche der Fijianer
bei keiner der Inseln zu ankern. Menschen fressen gehört
der Vergangenheit an, seit die christlichen Missionare Fuss
fassen konnten und mit diesen barbarischen Sitten Schluss machten.
Seit damals sind die Menschen auch züchtig gekleidet und
Frauen baden noch heute in den Kleidern.
Unsere sonntäglichen Kirchenbesuche gelten den wunderschönen,
mehrstimmigen Chorgesängen. Wenn Kirchenlieder gesungen
werden, stehen auch wir auf. Da streckt der Hintermann sein
Gesangsbuch auffordernd vor mich hin. Es ist einfach, fijianisch
zu lesen, denn die Missionare haben die Sprache mit wenigen
Ausnahmen "deutsch phonetisch" festgehalten. Den
Refrain habe ich auch bald raus und so singe ich anfangs leise
und dann kräftig mit.
Im Verlaufe des Gottesdienstes füllen sich die Bänke
immer mehr. Die beiden Sigristen haben als Platzanweiser viel
zu tun. Sieben oder acht festlich gekleidete Personen predigen
und reden nach einander; dazwischen immer mehrstimmige Gesänge;
der letzte Redner, ein Würdenträger mit roter Schärpe,
predigt sehr lange und eindringlich. Leider verstehen wir
nichts und die Bänke fühlen sich zunehmend hart
an.
Stadt-Impressionen
Es nieselt wieder, als wir die Victoria Parade entlang Richtung
Albert Park bummeln. Grässlicher, grau plumper Regierungskasten
aus den Dreissigerjahren links und rechts das weisse - nach
Touristenführer "elegante" - Hotel Grand Pacific.
Es ist verlassen und innen verwüstet. Eine junge Fijianerin
bewacht die leere Ruine.
Etwas weiter kommen wir zum botanischen Garten, der unter
Wasser steht; kein Wunder bei dem andauernden Regen!
An einem schöneren Tag fahren wir mit dem Bus zum nahen
"Tholo-i-Suva Forest Park" und geniessen die Wanderungen
auf den kaum besuchten Pfaden und das Bad in den Süsswasserbecken.
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Freitag und Samstag ist grosser Markt. |
Wir wandern im Tholo-i-Suva Forest. |
Besonders geniessen wir das Essen - zu zweit oder mit der befreundeten
Crew von der eben eingetroffenen "DRAGON STAR" - im
kleinen indischen Restaurant, das im alten Rathaus liegt. Alles
wird frisch zubereitet, die kleinen Pfännchen auf der Flamme
halten das exotisch gewürzte Essen heiss, das Fleisch ist
herrlich zart und die vegetarischen Gerichte sind ebenfalls
sehr schmackhaft. Ich koche kaum auf dem Schiff und wir können
es uns bei den niedrigen Preisen auch leisten, mit dem Taxi
zum Jachtclub zurück zu fahren.
Nach 10 Tagen klarieren wir vorschriftsgemäss beim Zoll
in Suva aus. Wir wollen die südliche Insel Kadavu anlaufen.
Das "Cruising Permit" erlaubt uns, alle Inseln zu
besuchen, ausser die östliche Lau Gruppe.
Beim Zoll treffe ich Nuccio (Antonio), den Einhandsegler vom
kleinen, miggrigen, blauen italienischen Boot. Blumig und
mit viel Selbstironie erzählt er mir von all dem Ärger
mit dem Motor, den zerrissenen Segeln, der beschädigten
Windsteuerung, dem schlechten Wetter .... "E terribile
questo grog fijiano. Voglio tornare a Bergamo!" Ich muss
lachen und habe viel Spass an seiner typisch italienischen
Melodramatik. Das scheint ihm zu gefallen und er schmückt
seine erlittenen Abenteuer weiter aus. Er habe vorläufig
genug vom Segeln und fahre fast non stop nach Italien zurück.
In 5 bis 6 Monaten will er dort ankommen. Und wenn er später
vielleicht wieder starte, dann mit einem grösseren Boot
und einem neuen Motor! Hoffen wir das Beste für dich,
Nuccio!
Kawa trinken oder Sevu Sevu
Ja, genau! Für diesen "terribile grog" muss
ich ja noch ein paar weitere Kawa Bündel von je einem
halben Kilo besorgen. Es gibt nämlich einen alten fijianischen
Brauch: wenn wir als Besucher in ein Dorf kommen, will es
die Sitte, dass wir zuerst den "Turaga ni Koro"
besuchen, um vor ihm ein Bündel getrocknete Kawa-Wurzeln
(von der Pfefferpflanze) hinzulegen - das übliche Sevu
Sevu (Gastgeschenk). Gleichzeitig erklären wir ihm, was
wir hier in seinem Dorf und den dazu gehörenden Gewässern
vorhaben. Nimmt der Häuptling das Bündel an, spricht
er einen längeren Willkommensgruss und eine Segnung aus
und gestattet, dass wir uns frei bewegen dürfen. Zugleich
übernimmt er eine gewisse Verantwortung für unser
Wohlergehen.
Die getrockneten Wurzeln werden zerstampft, das Pulver dann
in heissem Wasser in einem Tuchbündel gebadet und ausgepresst
und schlussendlich - nur von den Männern - zeremoniell
eingegossen und getrunken. Das grau-beige Gebräu soll
beruhigend und leicht betäubend wirken; das heisst, oft
werden Lippen und Wangen gefühllos, so ähnlich wie
nach einer Schmerzspritze beim Zahnarzt. - Doch das haben
wir vorerst nur gelesen und die Erfahrung noch vor uns!
Picknick - Inselchen als Gefängnis
Am Montag, den 6. September, fahren wir los. 9 sm ist es nur
bis zum Inselchen Nukulau, das im Führer "A
Yachtman's Fiji" (von Michael Calder) als idealer erster
Ankerplatz ausserhalb Suva beschrieben wird. Der Strand sei
ein beliebter Picknickplatz und werde von Booten von Suva an
Wochenenden häufig besucht. Die Route ist innerhalb des
Saumriffes und es ist schon Mittag, als wir starten. Ich habe
etwas Bedenken wegen den Seezeichen: eigentlich sollte die Fahrrinne
zwischen Korallen und Untiefen hindurch markiert sein. Doch
die meisten Toppzeichen fehlen und auch viele Pfähle sind
nicht mehr sichtbar oder gucken nur noch als Stummel aus dem
Wasser. Zum Glück scheint die Sonne und wir können
Riffe und Untiefen gut sehen.
Als wir den Sandstrand des Inselchens ansteuern und Hans
schon den Anker klar macht, startet ein Motorboot und es sind
Militärs drin, die uns unwirsch anfahren: "Not allowed
to anchor! It's a prison!" Anfangs begreifen wir gar
nichts, doch dann drehen wir CASIMU vom lockenden Strand ab
und ratschlagen. Hier können wir sonst nirgends ankern.
Auf der Seekarte ist wegen der vielen verlegten Kabel überall
Ankerverbot oder die Plätze sind nicht geschützt.
So ein Mist! Es bleibt uns nichts anderes übrig, als
- anfangs recht frustriert - nach Suva zurückzukehren.
Wir steuern durch die Riffpassage und segeln ausserhalb des
Saumriffes bei schönem Abendlicht an all den rostigen
Wrackresten vorbei zurück an den alten Ankerplatz vor
dem Jachtclub. Die Crew von "DRAGON STAR" staunt
nicht schlecht, als wir plötzlich wieder neben ihnen
liegen!
Beim Abendessen im chinesischen Ming Palace vernehmen wir,
dass auf der Insel die erfolglosen Putschisten von 2000 gefangen
gehalten würden. - Tja, unser eben erst gekaufter Führer
stammt aus dem Jahre 1993 (2. Auflage)!
Armseliges Dorf Nabouwalu
Mit 5 bis 6 Windstärken segeln wir am nächsten Tag
am Wind gegen Süden, Richtung Astrolabe Riff. Das Meer
ist rauh, der Himmel bedeckt und es kann jederzeit zu regnen
anfangen. Bei diesen Verhältnissen wagen wir es nicht,
ins Astrolabe Riff einzufahren, um bei einem der Inselchen
zu ankern. Wir steuern deshalb die Bucht von Nabouwalu - 50
sm von Suva entfernt - im Westen der Insel Ono an. Bevor der
Anker fällt, erblicken wir kurz eine riesige Wasserschildkröte,
die aber gleich abtaucht.
Am nächsten Morgen rudern wir mit dem Kawa-Strauss an den
Strand. Vice, ein 16- jähriger Junge begleitet uns zur
Hütte des Häuptlings. Hans legt das Sevu Sevu vor
ihn hin und sagt den gelernten Spruch dazu auf. Chef Miti nimmt
das Geschenk an und heisst uns willkommen. Seine Frau Rachele
sitzt am Boden der Hütte und kocht am offenen Feuer. Sie
lädt uns für den morgigen Abend zum Essen ein. Gleich
darauf bittet sie uns um Geld für die "Mother care"
und Hans soll doch auch das Loch im roten Boot von Vice anschauen.
Vielleicht könne er es ja flicken. Na gut, wenn wir den
Leuten behilflich sein können, machen wir das ja gerne,
denn sie haben hier wirklich nichts: keinen Laden, keine Strasse,
keine Elektrizität, kein Telefon, keinen Samariterposten.
Wasserhahnen gibt es ausserhalb der blechgedeckten Hütten
und ebenso ein paar Duschen mit Blech darum.
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Der Häuptling Miti und seine Frau Rachele in der
Koch- und Esshütte. |
Mittagshalt und feine, frisch gepflückte Kokosnüsse. |
In den Hütten stehen keine Möbel, ausser etwa ein
Bett. Die Böden sind mit Matten belegt, man sitzt am Boden
und gegessen wird mit den Fingern. Im Vorübergehen sehen
wir ab und zu eine Frau drinnen sitzen, die aus getrockneten
Pandanusstreifen eine Matte flicht; oder einen älteren
Mann, der liegt. Von überall her tönt es: "Bula!"
(Seid gegrüsst!) Wenn wir den Gruss erwidern, antworten
viele: "Vinaka, vinaka!" (Danke, danke!). Das Dorf
macht einen armseligen Eindruck und deprimiert uns etwas.
Vice ist unser dauernder Begleiter. Er geht immer barfuss
und führt uns zu den Plantagen mit Taro, Yams, Maniok,
Bananen, Papaya und Kokospalmen. Die Dorfbewohner sind Selbstversorger
und ernähren sich vor allem von den gesunden Wurzeln
des Yams und Taro, von dem auch die grossen grünen Blätter
als Gemüse gekocht werden. Vice zeigt uns die Pfefferpflanze,
aus deren Wurzel Kawa gemacht wird.
Besuch der Dorfschule
Am nächsten Tag möchte ich die Schule besuchen. Sie
liegt im nächsten Dorf Nagara, das 5 km entfernt
ist. Eine Strasse gibt es nicht. Zum Glück führt uns
Vice, sonst hätten wir den richtigen, feucht lehmigen Pfad
über die Hügel wohl kaum erwischt.
Die vier Häuschen der Schule liegen hübsch bei
einem grossen Platz. Wir werden vom "Head Teacher"
(Schulleiter) freundlich empfangen und erfahren einiges. So
erzählt er uns, dass eben die nationalen Testaufgaben
- in 5 oder 6 Fächern - nach Suva gesandt worden seien
und nun die Schüler auf die Resultate warten würden.
Die Erfolgreichen könnten dann in die Sekundarklassen
und später in Suva studieren.
Seine Schüler (4. bis 6. Klasse) singen uns kirchliche
Lieder vor und ich erzähle ihnen von der Schweiz. In
der 7. und 8. Klasse unterrichtet der hünenhafte "Big
Joe". Die Schüler lösen eben Symmetrieaufgaben
und ich bin erstaunt, wie ansprechend und interessant diese
aufgebaut sind.
Natürlich besuchen wir auch die Unterstufe (1. bis 3.
Klasse). Die Kleinen haben besonders Freude an unserem Besuch.
Begeistert singen sie den Refrain von "Ramseiers wei
ga grase" mit, klatschen und wiegen sich dazu. Auch stellen
sie sich gerne - wenn auch verlegen - zum Fotografieren hin
und sind entzückt, wenn wir ihnen die Aufnahmen auf dem
kleinen Display zeigen. Hans wird einige Fotos ausdrucken,
um sie ihnen zu schenken. Die "Tuschbildli", Kugelschreiber
und Filzstifte, die ich ihnen mitbringe, lösen ein riesiges
Juhui aus.
Der Schulleiter freut sich über eine lederne Aktenmappe,
die er schon lange benötige und auch die anderen Lehrer
bekommen nützliche Geschenke. Es fällt uns auf,
wie wohl erzogen die Schüler sind; allerdings werden
Disziplin und Ordnung auch durch kleine Klaps und andere Körpersignale
von der jungen Unterstufenlehrerin gefordert. Bemerkenswert
ist, wie schön alle Lehrer an die Wandtafel schreiben.
Die Schulkinder (ab 5 Jahre) vom Dorf Nabouwalu sind von
Montag bis Freitag hier. Jedes hat ein Bett mit Moskitonetz
im einzigen grossen Schlafraum. Alles ist ordentlich. Eine
der Mütter kocht jeweils eine Woche lang für sie.
Jeden Tag ist eine Familie verantwortlich für Feuerholz
und Nahrungsmittel für alle.
Wie wir sehen werden, ist das überall ähnlich:
für 2 bis 4 Dörfer gibt es eine Schule. Die Schüler
aus den entfernten Dörfern schlafen und essen von Montag
bis Freitag in der Schule. In einigen Dörfern essen und
schlafen alle Kinder intern, auch die des Schuldorfes. Essen
und Holz besorgen, sowie kochen ist Aufgabe des Dorfes, von
dem die Schüler stammen; da herrscht klare Clan - Ordnung!
Den Rückweg können wir im Boot von Esala den weisssandigen
Buchten entlang fahren; nicht ohne eine Pause mit frisch erkletterten
Trink - Kokosnüssen.
Abendessen beim Häuptling
Um 6 Uhr abends ist es schon fast dunkel, als wir dem Strand
entlang und durch seichte Stellen zur Koch- und Esshütte
des Häuptlings Miti gelangen. (Geschlafen wird in einem
anderen Haus). Auf einem ganz niedrigen Tisch steht eine Petrollampe
und viele Plättchen mit Essen: Fisch mit Taroblättern
an Kokosnussrahm, gegrillter Fisch, gekochter Taro, gebackene
Aubergines. Von jeder Speise ein Plättchen für uns
und eines für Miti und Rachele. Wir sitzen im Schneidersitz
am Boden. Das Essen schmeckt, doch Rachele ist einfach zu
fordernd: es kommt ihr dauernd etwas Neues in den Sinn, was
sie von uns erbitten könnte - nicht für sich selbst,
wie es scheint, sondern für Mitglieder des Clans. Es
kommt mir fast so vor: "Früher konnte man die Weissen
verspeisen, jetzt holt man alles aus ihnen heraus, was möglich
ist." Vielleicht kommt das auch daher, dass in dieser
Bucht etwa Jachten ankern. Aber wie ich später merke,
ist es vor allem die Eigenart von dieser Häuptlingsfrau,
die uns stört. - Schade, haben wir ihr nicht gesagt,
dass diese Art zu fordern auf Besucher abstossend wirkt!
Wir verabschieden uns bereits am nächsten Tag im Häuptlingshaus:
Hans hat viele Fotos zum Verteilen ausgedruckt, die "Mother
Care" erhält einen grosszügigen Zustupf und
unserem treuen Begleiter Vice schenken wir ein Paar fast neue
Wanderschuhe von Hans. Da niemand Schuhe trägt, werden
diese von allen Anwesenden sehr eingehend und würdigend
gemustert.
Fast zu Hause in Vacalea
Bei gutem Licht und Sonnenschein motoren wir durch die Passage
zwischen Ono und der grossen Insel Kadavu. Der Wind bläst
uns mit 20 Knoten entgegen, aber die Wellen sind erträglich,
da im Osten das Saumriff schützt. Wie wird wohl die Weiterfahrt
innerhalb des Riffes? Nach Karte und Beschreibung im Führer
sollten viele Markierungen die tiefe Fahrrinne weisen: weisse
Dreiecke auf den Pfählen zeigen, dass man sie seeseits
passieren soll, schwarze mit Spitze nach unten, uferseits. Erfahrungsgemäss
fehlen viele der Topps und auch die Pfähle sind oft weg;
oder plötzlich taucht unerwartet noch ein Stummel aus dem
Wasser.
Bei einer sehr engen, untiefen Kurve an Korallen vorbei, klopft
mein Herz für kurze Zeit etwas schneller. Doch zum Glück
scheint die Sonne immer noch, so dass die unterschiedlichen
Farben des Wassers uns die ungefähren Wassertiefen anzeigen.
Am Nachmittag ankern wir an der Südküste von Kadavu
in der Navai Bay, einer kleinen Einbuchtung zwischen
Riffen und Mangroven. Jubilierend begrüssen uns die Vögel
vom dahinter liegenden Regenwald. Auf Anhieb fühlen wir
uns hier wohl und geschützt.
Das Sevu Sevu werden wir morgen früh ins nahe Dorf Vacalea
bringen. Vorerst rudere ich den Mangroven entlang und entdecke
eine Lücke, die eben breit genug ist für ein kleines
Boot. Am Ende beginnt ein Weg durch den schönen Vogelwald.
Viele Pfade führen aufwärts durch den ursprünglichen
Wald mit den grossen, alten Bäumen. Wir gelangen zu einem
Sau-Gehege am Waldesrand und bald begegnet uns ein junger
Mann mit einem Knaben. Strahlend lachend und freundlich begrüsst
er uns und wir plaudern etwas. Die Beiden sind auf dem Weg
zu ihrer Plantage. Die ersten Häuser erscheinen auf dem
Hügelrücken und bald begrüsst uns Arieta. Sie
ist temperamentvoll offen und zeigt uns, wo wir unser Sevu
Sevu abgeben können. Der Turaga ni Koro ist zu dieser
Morgenzeit auf der Plantage. Ein Verwandter von ihm übernimmt
die Aufgabe. Er führt uns in das Haus des Häuptlings
- mit Möbeln! - und wir setzen uns auf die Matten am
Boden. (Die Schuhe zieht man immer vor Betreten der Häuser
und Hütten aus.) Hans sitzt dem Mann gegenüber,
wir zwei Frauen lassen uns im Hintergrund nieder. Er nimmt
den Kawawurzel-Strauss an und hält eine längere
Rede auf fijianisch. Arieta flüstert mir mal zu, dass
er auch unsere Angehörigen in der Schweiz segne.
Nach der Zeremonie wollen wir etwas bummeln gehen. Arieta
begleitet uns noch kurz und meint, wir könnten uns ganz
frei bewegen.
In Vacalea ist die Stimmung ganz anders als im armseligen Nabouwalu:
offen, freundlich, keiner bittet um etwas, die Inneneinrichtungen
der Häuser sind wohlhabender. Sicher macht auch der sonnige
Tag und die wunderbare Lage des Dorfes auf dem Hügelrücken
mit Blick auf die Bucht und das Saumriff etwas aus.
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Unsere Anlegestelle in den Mangroven von Vacalea. |
Jo schultert eine Bananenstaude für uns; hinten
die Navai Bay mit CASIMU. |
Wir kommen zum letzten Haus auf einer kleinen Anhöhe. Unter
dem grossen Mangobaum steht Nemaia, ein ruhiger, sympathischer,
junger Bauer. Gerne begleitet er uns zuerst durch seine Plantagen
und dann weiter Hügel rauf, Hügel runter, ab und zu
durch etwas sumpfige Erde. Josefa oder Jo, ein Achtklässler,
kommt auch mit und schultert bald eine Bananenstaude für
uns. Als meine Waden etwas schmutzig verspritzt sind, bückt
er sich und putzt sie stillschweigend mit seiner blossen Hand,
was mich rührt. Jo zeigt uns später den nächsten
Weg zum Anlegeplatz in den Mangroven. Gerne will er CASIMU sehen
und so rudert Hans zwei Passagiere zum Ankerplatz.
Als wir CASIMU erreichen, ist der grosse, schwarz gelb gestreifte
Kaiserfisch immer noch bei der Badeleiter und nascht am feinen
Bewuchs. Er geht nicht einmal weg, wenn wir die Leiter rauf
oder runter steigen. Er scheint ganz zutraulich und bleibt
all die Tage hier, wie ein zahmes Haustier.
Am nächsten Tag ist Sonntag. Bevor wir ins Dorf
kommen, tausche ich die Hosen gegen einen langen Wickelrock,
denn alle kleiden sich für den Kirchgang sonntäglich
feierlich. Als wir an den Häusern vorbei gehen, tönt
es immer wieder "Bula!" und viele freuen sich, dass
auch wir in die Kirche kommen. Während Erwachsene und Kinder
dreimal zum Gottesdienst gehen, nämlich um 7, 10 und 15
Uhr, nehmen wir nur um 10 Uhr teil. Es gibt hier zum Glück
nur eine Kirche, nämlich die der Methodisten und nicht
ein Dutzend oder mehr wie in tonganischen Dörfern.
Jo und ein Kollege schlagen die wohltönende Kriegs-
respektive heute Kirchentrommel. Eine aufgehängte Gasflasche
dient zusätzlich als Glocke. Wer von den Männern
etwas auf sich hält, trägt Hemd und Krawatte. Die
Frauen sind alle in langen bunten Kleidern.
Wir werden offiziell auf englisch begrüsst: es sei eine
Ehre, dass wir das Dorf besuchen. Anschliessend muss auch
Hans nach vorne und er bedankt sich vor versammelter Gemeinde
kurz für die Gastfreundschaft.
Der sonntägliche Kirchenbesuch wird auch benutzt, um
die Bürger über allerlei Dorf -Angelegenheiten zu
informieren. So scheint mir an den vielen vorgelesenen Fiji-Dollar-Summen,
dass der Buchhalter auch vorliest für was er wieviel
ausgegeben oder eingenommen hat.
Natürlich werden wir zum Mittagessen eingeladen, doch
Hans hat schon vorher erklärt, dass er das nicht möchte;
eigentlich schade, doch wir sind nach dem reichlichen Frühstück
beide noch nicht hungrig. So bummeln wir auf die andere Seite
des grossen Waldes und bewundern durch den Feldstecher die
rot grünen Papageien, die nur hier auf Kadavu heimisch
sein sollen und Kaka genannt werden.
Natürlich ist am Montagmorgen wieder ein Schulbesuch
fällig: 4 Lehrkräfte, etwa 80 Kinder aus 4 Dörfern.
Die gemütliche, wohlbeleibte Kuini ist Schulleiterin. Sie
unterrichtet die 3. Klasse in einem Raum und die 4. in einem
anderen. Irgendwie scheint das der Ordnung und Disziplin etwas
abträglich zu sein. Doch Kuini stört das nicht gross.
Gerne plaudert sie und holt dann auch Kuchen für uns in
ihrem Häuschen. Sie erzählt uns von dem bevorstehenden
Sportfest und Basar, wo hoffentlich genügend Geld reinkomme,
um die jetzt fehlenden Stühle zu besorgen.
Ich besuche alle Klassen und wieder erzähle ich von der
Schweiz, singe mit den Jüngeren, verteile Geschenke und
Hans fotografiert. Wir versprechen, am Freitag auch zum Sportfest
zu kommen.
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Sämu, der junge Bauer mit den schneeweissen Zähnen. |
Die Kleinen des Dorfes Lavindi bestaunen die andersartigen
"Valangi" (Weissen). |
Eine weitere Wanderung führt uns in die westliche Bucht
zum Nachbardorf Lavindi.
Unterwegs sehen wir einen jungen Mann in Überkleid und
Gummistiefeln am Steilhang hacken. Als er uns erblickt, kommt
er runter. Es ist Sämu, der uns mit strahlend weissen
Zähnen anlacht. Da viele in seinem Alter schon Zahnlücken
haben, frage ich ihn, ob er seine schönen Zähne
immer putze. Ja, meint er stolz, er hätte sie eben letzten
Freitag geputzt (heute ist Montag!).
Sämu führt uns in sein Dorf und wir trinken bei
Verwandten Tee. Die Grossmutter arbeitet flink an einer neuen
grossen Matte, während der Alte in der hinteren Ecke
liegt. Die Enkelin legt sich abwechslungsweise zu ihm und
sitzt dann wieder bei uns. Unser Besuch zieht einige Kinder
an, die an der Türschwelle stehen und uns "Valangi"
(Weisse) anstarren. Später besuchen wir auch das Haus
des Häuptlings, wo eben einige Frauen versammelt sind,
da die Häuptlingsfrau vor ein paar Tagen gestorben ist.
Lavindi wirkt wie Nabouwalu, viel armseliger und stumpfer
als Vacalea.
Auf dem Rückweg zeigt uns Sämu seine Ingwer - Plantage
und schenkt mir einige grosse Knollen. Dann klettert er flink
auf eine Kokospalme und öffnet mit ein paar Hieben mit
der Machete die drei gepflückten, grünen Nüsse.
Mmh, frischer Kokossaft ist mein Lieblingsgetränk in
den Tropen. Wir überreichen ihm eine sportliche Uhr.
(Wir haben es uns angewöhnt immer ein paar Geschenke
im Rucksack zu haben.) Er freut sich darüber wie ein
kleiner Junge: er sei die letzten 5 Jahren ohne Uhr gewesen...
"God bless you...."
Zurück in Vacalea tönt es von hier und dort . "Heidi!
Heidi!" Kuini, die Lehrerin, ruft mich von der Türe
ihres Häuschens. Als wir ihr unseren Eindruck von Lavindi
schildern, meint sie, man merke es den Kindern sehr wohl an,
aus welchem Dorfe sie kämen; Vacalea und Nukuvou seien
reiche und aufgeschlossene Dörfer, Lavindi und Namaju
in jeder Hinsicht ärmer. - Wir nehmen an, dass die Person
des Häuptlings und seine Initiativen von grosser Bedeutung
für das Dorf sind. So hat Vacalea seit 4 oder 5 Jahren
eine gut funktionierende Stromversorgung, während andere
Dörfer nichts haben.
Auch viele Kinder rufen mich. Seit ich am Morgen in der Schule
war, wissen sie alle meinen Namen. Einige nähern sich,
nehmen mich an der Hand oder lehnen sich liebevoll an meine
Seite und beginnen so gut es geht englisch zu plaudern.
Später unterhalten wir uns mit Joana und Avisai, die erst
seit 6 Jahren hier wohnen. Er war vorher Taucher bei der Marine
in Suva, inspizierte und reparierte Tanker und Containerschiffe.
Nach der Pensionierung mit 55 Jahren haben sie sich hier in
seinem Heimatdorf ein geräumiges Haus gebaut, leben von
der Plantage, dem Fischfang und der jährlichen Pension
von 20'000 F$ (etwa 16'000 Fr.), was hier recht viel ist. -
Am Abend fühlen wir uns schon fast wie Dorfbewohner!
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Arieta kommt mit ihrer Familie auf CASIMU. |
Nemaia besucht uns in seinem Einbaum. |
Am nächsten Morgen holt Hans die Familie von Arieta im
Beiboot ab: Ilitai, ihren Mann, die vierjährige Tochter
Semi und den zweijährigen John. Sie haben sich schön
angezogen und bestaunen unsere Jacht. Da stachelt auch schon
Nemaia in seinem alten Einbaumkanu zu uns hinüber. Er will
fischen gehen.
Kawazeremonie im Dorf Kadavu
Für zwei Tage verlassen wir die Navai Bay, um durch eine
sehr enge, strömungsreiche Riffpassage im Lions Pool,
einem Becken inmitten der Korallen beim Löwenfelsen, zu
ankern und zu schnorcheln.
Da die Wettersituation etwas unsicher ist, verholen wir gegen
Abend vors Dorf Kadavu und fahren mit Casimuli und Kawawurzeln
bis vor die Schulanlage. Hier begrüssen uns Lehrerin und
Lehrersfrau herzlich und beauftragen einen Jungen, uns zum "Chief"
zu begleiten, wo wir das Sevu Sevu überreichen können.
Überall viele Menschen, Lärm, Durcheinander. Die jungen
Männer trainieren auf der Wiese Rugby fürs bevorstehende
Turnier am Freitag.
Abends ist die Zeit Kawa zu trinken und so sitzen wir
mit dem Häuptling und einigen Männern in einer Hütte
am Boden und schlürfen die beige Brühe, die sie "Grog"
nennen. Es gehört sich, dass man das Schälchen immer
leer trinkt, wenn es einem gereicht wird. Dann wird von den
Anwesenden dreimal geklatscht und der Kawameister füllt
das Schälchen für den nächsten. Ich bekomme auch
davon, obschon ich die einzige Frau bin. Nach zwei Schälchen
habe ich einen leicht schwindligen Kopf und trinke nicht mehr
weiter. Hans dagegen spürt auch nach vier Schälchen
nichts. Die Männer drehen sich zwischendurch mit Zeitungspapier
und einer Prise Tabak ganz dünne Zigaretten. Den Tabak
würden sie beim Chinesen kaufen, sagen sie. Der Häuptling
fragt Hans, ob er sich die Wasserturbine anschauen könnte,
denn sie würde nicht mehr funktionieren und so gibt es
keinen Strom mehr im Dorf.
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Erfrischendes Bad im Dorfbach von Kadavu. |
Der Häuptling vom Dorf Kadavu vor seinem traditionellen
"Bure". |
Am nächsten Morgen besuchen wir den nahen Wasserfall, nachdem
wir mit Lehrersfrauen, Lehrern und vielen anderen geplaudert
haben. Begleitet von zwei Dorfschönen schwimme ich mit
den Kleidern im tiefen Becken. Hans begutachtet den noch gar
nicht alten Dorfgenerator und meint, er sei halt vollständig
vergammelt. Andi, die eine Dorfschöne, kommt mit einem
Kessel heissem Wasser. Sie wolle am Bach eine warme Dusche nehmen!
Über die zementierten Dorfwege - ein Geschenk der Nazarener
Kirche - bummeln wir an offenen Hütten mit flechtenden
Frauen vorbei. In den Mangroven, etwa eine Viertelstunde ausserhalb
des Dorfes, soll der Laden des Chinesen liegen. Den wollen wir
uns anschauen. Während unserer Wanderung kleben meine nassen
Kleider lange an mir und als sie nur noch feucht sind, beginnt
es zu regnen!
Mit Eiern, Butter und neuseeländischem Cheddarkäse
verlassen wir den Chinesen (sein Vater war Chinese, die Mutter
Fijianerin). Seine Frau schenkt mir noch speziell lange grüne
Bohnen, die sie eben gepflückt hat. Da Ebbe ist, können
wir dem Strand entlang waten, am Haus des Nazarenerpastors
vorbei, zum Beiboot vor der Schule. Casimuli liegt inzwischen
hoch und trocken. Schon helfen uns etwa acht Schulkinder,
ihn ins Wasser zu tragen.
Beide zieht es uns zurück an unseren ruhigen, schönen
Ankerplatz bei Vacalea. Am Donnerstag erlese ich unsere Geschenkskiste.
Ich finde vieles für das morgige Sportturnier mit Schulbasar:
einige T-Shirts, schöne Turnschuhe von Hans, Flossen,
allerlei Kosmetika. Das alles bringen wir Kuini, der Schulleiterin.
Rugby- und Korbball-Turnier in Vacalea
Seit Tagen sind die Dorfbewohner gemeinsam dran, Wege zu säubern,
Unterstände auf dem Schulgelände aufzustellen und
das Rugbyfeld zu ebnen und zu markieren. 30 Rugby- Mannschaften
werden erwartet. Das Spielfeld für "Netball"
(Korbball) der Frauen weist in der Mitte eine riesige schlammige
Pfütze auf. Auf dem Frauentableau gibt's etwa 20 Mannschaften.
Die von den weit abgelegenen Dörfern kommen schon heute
Donnerstag in ihren Booten an.
Von zwei geschlachteten Kühen werden grosse Teile mit
samt dem Fell ausgeladen und zu den Feldküchen gebracht,
wo sie gleich fein säuberlich zerlegt und zu Ragout geschnitten
werden. Denn für all die vielen Teilnehmer und Besucher
wird gekocht; das Geld fliesst der Schule zu. Die Köpfe
der Kühe werden unbearbeitet aufgestellt, was für
uns fremd ist.
Freitags früh muss Hans zuerst unser gebrochenes Paddel
flicken. Es dient ihm ein grüner gerader Stecken, den er
auf die Masse zurecht schnitzt, raffiniert befestigt und durchbohrt
und so können wir bald los rudern. Das Dorf ist wie ausgestorben.
Alle sind unten auf dem Schulgelände, wo seit sieben Uhr
die Turniere im Gang sind.
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Die geschlachteten Kühe werden fürs morgige
Turnier zerkleinert und gekocht. |
Das matschige Korballfeld tut dem Spass keinen Abbruch. |
Die Spielfelder sind noch etwas matschiger geworden, denn
es hat nachts wieder geregnet. Die Pfütze in der Mitte
des Korbballfeldes der Frauen wird bald zu einem riesigen
Lehmpool. Die Turnschuhe kleben darin und werden hinderlich.
Deshalb werden sie von den meisten ausgezogen und nun rennen
die Spielerinnen barfuss oder in den anfangs weissen Socken!
Die kurzen Sportröcke sehen köstlich aus, vor allem
wenn darunter stämmige Schenkel hervor gucken. Dass der
lehmige Ball ihnen auch die Gesichter verspritzt, scheint
niemanden heftig zu stören.
Spielerinnen und Zuschauerinnen haben einen Riesenspass und
schreien und tanzen begeistert, wenn ein Schuss durch den
Ring geht (ein Netz daran gibt es nämlich nicht) oder
"ihr" Männerteam einen Punkt macht. Ich plaudere
hier und da und werde von ein paar Mädchen immer wieder
liebkost, während Hans oben bei den ehrbaren Männern
sitzt und Kawa schlürft.
Die Rugby -Teams der Männer kämpfen stürmisch.
Es ist aber auffallend wie fair der grobe Sport ausgetragen
wird. Die Organisation ist perfekt, das Programm dicht gedrängt:
ein Spiel folgt dem nächsten. Gegen 17 Uhr stehen die
Gewinner fest und der Wanderpokal kann für ein Jahr mitgenommen
werden. Bald füllen sich die kleinen offenen Boote wieder
und fahren mit Mannschaften und Angehörigen ihren Dörfern
zu.
Für den nächsten Tag hat uns Geoff, der Australier
aus Melbourne, der hier in der Nähe ein kleines *****Resort
aufbauen will (Spezialität : Flyfishing) zum Fischen
eingeladen. Da der Wind auf SW gedreht hat und voll in unsere
kleine Navai Bay bläst, können wir CASIMU nicht
alleine lassen, schade! Doch am Nachmittag bringen uns Geoff
und seine Begleiter einen schönen Fisch als Trost und
wir laden die vier an Bord ein zu Bier, frischen Chapati mit
Bananenblüten-Sauce und Käse.
Der Abschied von dem liebgewonnen Vacalea fällt uns etwas
schwer und auch einige Bewohner lassen uns nur ungerne ziehen.
Vor dem 10 Uhr Gottesdienst machen wir die Runde mit den Fotos
vom Turnier durchs Dorf und sagen adieu. Ein paar haben Tränen
in den Augen und Kuini hängt zwei Muschelketten von der
Wand ab, um mir ein Andenken mitgeben zu können. Viele
hoffen, dass wir nächstes Jahr - nach der Hurrikan-Saison
- wieder kommen. Kinder begleiten uns bis runter zu den Mangroven
und die lustige Seiniana nimmt mich am Arm, schmiegt sich
an mich und sagt immer wieder: "You are very good people."
Einmal fügt sie noch hinzu: "my parents tell."
Wenn ich wiederkäme, möchte sie dann aufs Boot kommen.
Wir sind uns bewusst, dass dieser Aufenthalt der Höhepunkt
unserer Fiji Reise war. Beglückt und dankbar heben wir
den Anker. Das Licht ist gut und auch der Wind. Bald setzt
Hans die Segel und am Riff entlang fahren wir nun auf der
Ostseite von Ono in die Lagune des Astrolabe - Riffes zum
unbewohnten Inselchen Namara, wo wir im Lee ankern.
Wir sind nur noch Passanten
Die Zeit wird langsam knapp, wenn wir noch nach Neu-Kaledonien
wollen. Da es am nächsten Morgen bedeckt ist, reut es
mich nicht so sehr, dass wir weiter müssen. Wir wählen
gleich die nächste Ausfahrt durch die Herald Passage
und bei schönem östlichem Wind kommen wir gut voran
und sind früher als berechnet im Osten des Beqa-Riffes,
wo wir durch die Sulphur Passage in die riesige Lagune segeln.
Unter Motor geht's dann der stark abgeholzten Nordküste
und später der Westküste der Insel Beqa entlang,
bis in die tiefe, gut geschützte Vaga Bay (total
40 sm).
Bei abendlichem Sonnenschein rudern wir noch zum nahen Dorf
und übergeben dem Häuptling das Sevu Sevu. Gleich
um die Landnase herum lebe eine Schweizerin, Christine. Sie
sei mit einem Fijianer verheiratet und führe ein kleines
Resort. Schade, heute wird es schon bald dunkel und morgen
wollen wir weiter.
Dass wir am nächsten Tag gleich die ganzen 73 sm der
südlichen Coral Coast entlang nach dem Westen
von Viti Levu schaffen würden, wagten wir nicht zu planen.
Der Wind kommt anfangs mit 5 später mit 6 Windstärken
genau von hinten, also segeln wir im Schmetterling. Die beträchtlichen
Wellen schieben mit. Weit und breit ist kein anderes Schiff
unterwegs. Die Brecher bei den Einfahrten durchs Riff zu den
Ankerplätzen sehen furchterregend aus. Also lieber weiter.
Durch den Feldstecher sehen wir die enorme Sanddüne von
Sigatoka und später die riesige Hotelanlage des Fijian
Resort. Noch vor der Dämmerung fahren wir durch die
Navula Passage und ankern in der weiten Momi Bay.
Die Touristeninsel Malolo Lailai und die berühmte,
aber mit Jachten übersäte Musket Cove würdigen
wir am nächsten Morgen nur eines kurzen Augenscheines,
um dann in einer ruhigen Bucht im NW von Malolo ganz alleine
zu ankern.
Ich lerne Rachele vom kleinen Dorf kennen, die im nahen Resort
als Zimmermädchen angestellt ist. Sie arbeitet 11 Tage
hintereinander von 8 bis 17 Uhr und danach hat sie 3 Tage
frei. Sie erhält alle 2 Wochen 267 F$ (etwa 420 Fr. monatlich).
Da sie ein Haus und eine Plantage besitzt, braucht sie wenig
Geld. Sie konnte sich ein Polyesterboot mit einem 40 PS-Aussenborder-Motor,
einen Generator und einen Fernseher kaufen. Eben haben die
jährlichen 14- tägigen Ferien angefangen. Sie geht
mit dem Neffen fischen und steht bald fast im Dunkeln bis
zu den Hüften im Wasser.
Mein morgendlicher Ruderausflug zum kleinen Inselchen ist
weiter und härter als ich dachte. Strömung, Wellen
und Wind machen mir zu schaffen. - Später motoren wir
zur nahen Vuda Point Marina - seit Raiatea oder 3 Monaten
- die erste Marina. Der dicke Inder, der uns mit dem Boot
einweist, ist herrisch und unfreundlich. Seit Suva haben wir
keine Inder getroffen, denn auf Ono und Kadavu gibt es keine.
Hier im Westen von Viti Levu leben vorwiegend Inder, die Zuckerrohr
anbauen, das dann in der nahen Stadt Lautoka raffiniert und
verschifft wird.
Gegen Abend warten wir auf den Bus nach Lautoka, als
ein Schmalspurzug (Spurweite ca. 750 mm), bestehend aus 63
mit Zuckerrohr schwer beladenen Wägelchen, die Strasse
quert. Lautoka ist viel schäbiger als Suva. Es ist die
Stadt der Inder. Die wenigen Fijianer grüssen
uns meist lächelnd: "Bula!" - Es ist unmöglich,
im Stadtzentrum ein ansprechendes, indisches Restaurant zu
finden; lauter "Take away"- Buden, die wenig einladend
aussehen.
Später trinken wir an der Marina Bar mit den deutschen
Einhandseglern Harald, Klaus und Kay noch ein Bier. Die Boote
von Harald und Klaus sind auf den Böcken und es gibt
noch eine Menge zu tun!
Am nächsten Tag fahre ich wieder nach Lautoka, um nach
Neu-Kaledonien auszuklarieren. Der Zollbeamte ist äusserst
nett und hilft mir die vielen Formulare auszufüllen (zuerst
muss nämlich ein- und dann gleich wieder ausklariert
werden). Dafür macht die Immigrationsdame Probleme. Sie
müsse beide Personen sehen und auch das Schiff. Als ich
ihr erkläre, jetzt sei ich die 15 km extra mit dem Taxi
hierher gefahren, sie soll doch so nett sein..... Nein, sie
hätte von ihrem Chef seit 2004 den Auftrag, auch die
Schiffe zu inspizieren. Wieso denn, um Gottes Willen? Auf
einem Containerschiff hätten sich zwei Inder versteckt
und seien nach Neuseeland geschmuggelt worden! Wo sollten
wir denn bloss auf unserem 13 m Boot noch Inder verstauen?
- Endlich rückt sie doch mit den Formularen hervor und
zückt den Stempel für die Pässe. Ich muss ihr
aber versprechen - falls ich den Chef treffen würde -
ihm zu sagen, sie hätte unser Schiff untersucht! Wenn's
nur das ist!
Der Taxifahrer hält noch auf dem Markt, denn wir brauchen
noch Früchte und Gemüse. Zum Schluss will ich noch
den modernen Sri Krishna Tempel besuchen, der allerdings keine
meiner früheren Indienerlebnisse anzuklingen vermag.
Zum Abschied gönnen wir uns abends ein feines Essen auf
der Meerterrasse des nahen Luxus-Resorts. Eine sehr hübsche
Hotelfachstudentin bedient uns aufmerksam.
Am nächsten Tag ankern wir bei Flaute nochmals, um all
die Vorbereitungen für die Überfahrt nach Neu-Kaledonien
zu treffen. Doch der plötzlich einsetzende Westwind wirft
Wellen auf und CASIMU beginnt zu bocken, dass ich beinahe
seekrank werde. Kurz vor Einnachten hebt Hans den Anker und
wir motoren mit wenig Licht durch die Korallen dem offenen
Wasser entgegen und segeln die paar Meilen zur weiten, uns
bekannten und ruhigeren Momi Bay.
Nach einem ausgiebigen Frühstück mit frischen Roggenmehl-Chapati,
koche ich eine Kürbissupe vor, die ich mit viel feinem
Ingwer (von Sämu) und gemischtem indischem Currry würze.
Hans macht alles an Deck seeklar und so starten wir am Sonntag,
den 26. September bei noch südlichen Winden die fast
700 sm lange Strecke nach Nouméa in Neu-Kaledonien.
Prony-Bay in Neu-Kaledonien, den 12. Oktober 2004
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