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  Suva, die quirlige Hauptstadt Fijis - Inder und Fijianer: eine unglückliche Kombination - Methodisten und Menschenfresser - Stadt-Impressionen - Kawa trinken oder Sevu Sevu - Picknick Inselchen als Gefängnis - Armseliges Dorf Nabouwalu - Besuch der Dorfschule - Abendessen beim Häuptling - Fast zu Hause in Vacalea - Kawazeremonie im Dorf Kadavu - Rugby- und Korbball-Turnier in Vacalea - Wir sind nur noch Passanten

Suva, die quirlige Hauptstadt Fijis
Bei strömendem Regen fahren wir am 26. August 2004 mit dem Beiboot zur riesigen Kings Wharf, um einzuklarieren. Wo können wir bloss unser Gummiboot festmachen und wo an Land steigen?
Bei einer Baustelle entdecken wir eine rostige, kaputte Leiter, die auf den Quai führt. Schon grüssen Bauarbeiter mit freundlichem "Bula!", lachen uns zu, ermuntern uns, die Leiter zu benützen, helfen mir galant an Land und versichern uns, dass sie auf das Boot aufpassen werden. "No problem!" - Gleich habe ich Suva ins Herz geschlossen: wenn man bei trostlosem Wetter an einer unmöglichen Stelle in einer fremden Stadt das erste Mal landet und dann gleich willkommen geheissen und angelacht wird, fühlt man sich schon fast zu Hause.

Zwischen Türmen von Containern hindurch suchen wir uns den Weg zum Zollgebäude, wo wir sowohl vom Gesundheitsbeamten wie von Selu, der lustigen Zolloffizierin, herzlich willkommen geheissen werden. Sie legt zwar eine Unmenge Formulare vor mich hin - alle mit vielen Durchschlagspapieren - doch das ist in der netten Atmosphäre überhaupt kein Ärgernis.

Später ankern wir mit etwa 10 anderen Jachten beim "Royal Suva Yacht Club" RSYC, wo wir unser Beiboot in Sicherheit am Dinghisteg lassen können und warme Duschen vorfinden. Beim gegenüberliegenden Gefängnis mit bunt bemalten Mauern und einem der seltenen Fussgängerstreifen (für wen wohl?) blicke ich zu den kleinen, vergitterten Fensterchen hoch. Sie liegen sehr eng nebeneinander. Die Zellen müssen winzig sein.
Dieser Bus - ohne Scheiben, aber mit Regenschutz - bringt uns rasch ins Zentrum. Im Zentrum von Suva.
Doch schon kommt ein Bus und bringt uns ins geschäftige Zentrum von Suva: der Markt ist überwältigend und heute Freitag sitzen draussen um die riesige Markthalle auch noch viele Bauernfrauen aus den Dörfern vor Maniok, Taro, Yams, Kohlköpfen, Papayas.... Sie haben blaue Plastikplanen gespannt, denn es regnet seit Tagen fast ununterbrochen. "Typical Suva weather", werde ich aufgeklärt.

Was es da nicht alles zu kaufen gibt für einen einzigen Fijidollar (ca. 0.5 Euro)! Seit Chile haben wir keinen solchen Markt mehr gesehen und auch keine so günstigen Preise. Immer wieder grüssende, lächelnde Menschen, offen aber nicht aufdringlich. Ja, ich mag Suva, obschon es keine schöne Stadt ist, aber die Menschen machen sie liebenswert.

Inder und Fijianer : eine unglückliche Kombination
Die vielen Inder und Inderinnen wirken meist ernst. Sie leben seit drei oder mehr Generationen hier, haben sich aber nicht mit den Einheimischen vermischt. Die indischen Taxifahrer erzählen uns, dass sie nachts Angst haben, von Fijianern überfallen zu werden. Im Supermarkt warnt mich eine Inderin, dass Fijianer meinen Rucksack aufschneiden könnten, um mir das Geld zu stehlen.

Die Spannung zwischen Fijianern und Indern ist für uns spürbar: die Inder haben Angst, obschon sie fast die Hälfte der Bürger dieses Landes darstellen, die Fijianer äussern ihre Abneigung gegen die Inder meist offen: "They want our country", erklären sie uns etwa. Nein, einen Inder würden sie nie heiraten; einen Europäer oder Chinesen ja, aber keinesfalls einen Inder! "We don't like them", ist die einfache Erklärung.

Wie kommt es denn überhaupt, dass fast die Hälfte der Bevölkerung gebürtige Inder sind? Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann auf Viti Levu, der grossen Hauptinsel von Fiji, das Geschäft mit dem Zuckerrohr. Die europäischen Plantagenbesitzer brauchten billige Arbeiter. Die britische Regierung - Fiji war von 1874 bis 1970 eine englische Kolonie - war im Dilemma: Fijianer wollten sie nicht zu Zwangsarbeit auf den Plantagen verpflichtet sehen, da sonst die gut funktionierenden sozialen Clan-Strukturen gefährdet würden.

Seit 1872 war es zum Schutze der Südseevölker auch untersagt, Sklaven von den Salomonen oder den Neuen Hebriden (heute Vanuatu) zu holen. Woher also die billigen Arbeitskräfte nehmen? Die Briten wussten bald eine Lösung: aus (dem britischen) Indien. Und so wurden 1879 die ersten Inder in Fiji als Vertragsarbeiter in den Zuckerrohrfeldern eingesetzt: 5 Jahre mussten sie für Plantagenbesitzer Zuckerrohr anbauen, darauf durften sie 5 Jahre kleine Landstücke von Fijianern pachten und selber bebauen. Viele der Inder blieben - verständlicherweise - nach 10 Jahren für immer in Fiji.

Von den Fijianern starben gegen Ende des 19. Jahrhunderts fast ein Drittel an den Masern, die eingeschleppt worden waren. Und so kam es, dass die Bevölkerung von Fiji bald zur Hälfte aus Indern bestand.

1970 wurde Fiji wieder eine unabhängige Nation. Die vielen nun schon seit ein paar Generationen im Land lebenden Inder verlangten zunehmend Gleichberechtigung, was die Fijianer als Bedrohung betrachteten. Viele fürchteten, es könnte ihnen gleich ergehen wie den Maoris in Neuseeland, den Aborigines in Australien oder den Kanaken in Hawaii oder Neu-Kaledonien, die in ihrem Heimatland verfolgt, verjagt oder ganz an den Rand gedrückt wurden.
Die Spannungen eskalierten, als die Inder 1987 bei politischen Wahlen die Mehrheit erlangten. Es kam zu Unruhen und Beschädigungen indischer Einrichtungen. Der anschliessende Militärputsch löste unter der fijianischen Bevölkerung Entsetzen aus und die Zeitung "Fiji Sun" erschien am folgenden Tag mit schwarzer Umrandung und der Schlagzeile "Gestern starb in Fiji die Demokratie!"

Was hat sich seit damals geändert? Viele der verunsicherten Inder, vor allem auch Intellektuelle, wanderten nach Australien, Neuseeland oder den USA aus. Die Dagebliebenen - oft recht erfolgreiche, fleissige Klein- und Mittelunternehmer - haben immer noch kein Recht, Land zu besitzen; das gehört den Fijianern gemeinsam und wird verpachtet.

Inder und Fijianer haben sich nicht vermischt und mögen sich nicht besonders. Beide Gruppen hängen an ihren eigenen, klaren Traditionen und Bräuchen und zeigen kein gegenseitiges Interesse. Auffallend ist, dass einiges recht ähnlich ist: bei beiden ist Herkunft und Familie sehr wichtig. Bei den Fijianern heisst es Clan, bei den Indern sind es die Kasten. Beide kennen das Feuerlaufen als religiöse Zeremonie: Fijianer gehen über glühende Steine, die Inder über die Glut.

Methodisten und Menschenfresser
Wie schon in Niue und Tonga besuchen wir am Sonntag in Suva einen Gottesdienst. Wir bummeln zur Centenary Church der Methodisten. Männer im Sulu (Jupe), Hemd, Krawatte und Kittel steigen die Treppen hinauf. Einige sind mächtige Brocken. Während der Predigt habe ich Zeit, Männer und Frauen genauer zu betrachten: die Frauen haben fast alle schwarze Wuschelköpfe, wie es für die Melanesier typisch ist; die Männer sind meist recht kurz geschoren.
Sonntäglich gekleidet im traditionellen Sulu (Jupe), Krawatte und Kittel. Das hübsche Mädchen verkauft Yams auf dem Markt in Suva.
Es fällt mir auf, dass viele kaum einen Hals haben. Die Verbindung Körper - Kopf ist meist sehr kurz und dick Der Nacken ein echter dunkler Stierennacken mit tiefer Fettfalte und Höcker. Daraus steigt der Hinterkopf senkrecht hoch mit kaum einer Ausbuchtung. Viele kann ich mir als Angst einflössende Kannibalen sehr gut vorstellen. Kapitän Bligh und seine Getreuen - von den Meuterern der Bounty in einem Beiboot ausgesetzt - wagten wegen der kannibalischen Bräuche der Fijianer bei keiner der Inseln zu ankern. Menschen fressen gehört der Vergangenheit an, seit die christlichen Missionare Fuss fassen konnten und mit diesen barbarischen Sitten Schluss machten. Seit damals sind die Menschen auch züchtig gekleidet und Frauen baden noch heute in den Kleidern.
Unsere sonntäglichen Kirchenbesuche gelten den wunderschönen, mehrstimmigen Chorgesängen. Wenn Kirchenlieder gesungen werden, stehen auch wir auf. Da streckt der Hintermann sein Gesangsbuch auffordernd vor mich hin. Es ist einfach, fijianisch zu lesen, denn die Missionare haben die Sprache mit wenigen Ausnahmen "deutsch phonetisch" festgehalten. Den Refrain habe ich auch bald raus und so singe ich anfangs leise und dann kräftig mit.

Im Verlaufe des Gottesdienstes füllen sich die Bänke immer mehr. Die beiden Sigristen haben als Platzanweiser viel zu tun. Sieben oder acht festlich gekleidete Personen predigen und reden nach einander; dazwischen immer mehrstimmige Gesänge; der letzte Redner, ein Würdenträger mit roter Schärpe, predigt sehr lange und eindringlich. Leider verstehen wir nichts und die Bänke fühlen sich zunehmend hart an.

Stadt-Impressionen
Es nieselt wieder, als wir die Victoria Parade entlang Richtung Albert Park bummeln. Grässlicher, grau plumper Regierungskasten aus den Dreissigerjahren links und rechts das weisse - nach Touristenführer "elegante" - Hotel Grand Pacific. Es ist verlassen und innen verwüstet. Eine junge Fijianerin bewacht die leere Ruine.
Etwas weiter kommen wir zum botanischen Garten, der unter Wasser steht; kein Wunder bei dem andauernden Regen!

An einem schöneren Tag fahren wir mit dem Bus zum nahen "Tholo-i-Suva Forest Park" und geniessen die Wanderungen auf den kaum besuchten Pfaden und das Bad in den Süsswasserbecken.
Freitag und Samstag ist grosser Markt. Wir wandern im Tholo-i-Suva Forest.
Besonders geniessen wir das Essen - zu zweit oder mit der befreundeten Crew von der eben eingetroffenen "DRAGON STAR" - im kleinen indischen Restaurant, das im alten Rathaus liegt. Alles wird frisch zubereitet, die kleinen Pfännchen auf der Flamme halten das exotisch gewürzte Essen heiss, das Fleisch ist herrlich zart und die vegetarischen Gerichte sind ebenfalls sehr schmackhaft. Ich koche kaum auf dem Schiff und wir können es uns bei den niedrigen Preisen auch leisten, mit dem Taxi zum Jachtclub zurück zu fahren.

Nach 10 Tagen klarieren wir vorschriftsgemäss beim Zoll in Suva aus. Wir wollen die südliche Insel Kadavu anlaufen. Das "Cruising Permit" erlaubt uns, alle Inseln zu besuchen, ausser die östliche Lau Gruppe.

Beim Zoll treffe ich Nuccio (Antonio), den Einhandsegler vom kleinen, miggrigen, blauen italienischen Boot. Blumig und mit viel Selbstironie erzählt er mir von all dem Ärger mit dem Motor, den zerrissenen Segeln, der beschädigten Windsteuerung, dem schlechten Wetter .... "E terribile questo grog fijiano. Voglio tornare a Bergamo!" Ich muss lachen und habe viel Spass an seiner typisch italienischen Melodramatik. Das scheint ihm zu gefallen und er schmückt seine erlittenen Abenteuer weiter aus. Er habe vorläufig genug vom Segeln und fahre fast non stop nach Italien zurück. In 5 bis 6 Monaten will er dort ankommen. Und wenn er später vielleicht wieder starte, dann mit einem grösseren Boot und einem neuen Motor! Hoffen wir das Beste für dich, Nuccio!

Kawa trinken oder Sevu Sevu
Ja, genau! Für diesen "terribile grog" muss ich ja noch ein paar weitere Kawa Bündel von je einem halben Kilo besorgen. Es gibt nämlich einen alten fijianischen Brauch: wenn wir als Besucher in ein Dorf kommen, will es die Sitte, dass wir zuerst den "Turaga ni Koro" besuchen, um vor ihm ein Bündel getrocknete Kawa-Wurzeln (von der Pfefferpflanze) hinzulegen - das übliche Sevu Sevu (Gastgeschenk). Gleichzeitig erklären wir ihm, was wir hier in seinem Dorf und den dazu gehörenden Gewässern vorhaben. Nimmt der Häuptling das Bündel an, spricht er einen längeren Willkommensgruss und eine Segnung aus und gestattet, dass wir uns frei bewegen dürfen. Zugleich übernimmt er eine gewisse Verantwortung für unser Wohlergehen.

Die getrockneten Wurzeln werden zerstampft, das Pulver dann in heissem Wasser in einem Tuchbündel gebadet und ausgepresst und schlussendlich - nur von den Männern - zeremoniell eingegossen und getrunken. Das grau-beige Gebräu soll beruhigend und leicht betäubend wirken; das heisst, oft werden Lippen und Wangen gefühllos, so ähnlich wie nach einer Schmerzspritze beim Zahnarzt. - Doch das haben wir vorerst nur gelesen und die Erfahrung noch vor uns!

Picknick - Inselchen als Gefängnis
Am Montag, den 6. September, fahren wir los. 9 sm ist es nur bis zum Inselchen Nukulau, das im Führer "A Yachtman's Fiji" (von Michael Calder) als idealer erster Ankerplatz ausserhalb Suva beschrieben wird. Der Strand sei ein beliebter Picknickplatz und werde von Booten von Suva an Wochenenden häufig besucht. Die Route ist innerhalb des Saumriffes und es ist schon Mittag, als wir starten. Ich habe etwas Bedenken wegen den Seezeichen: eigentlich sollte die Fahrrinne zwischen Korallen und Untiefen hindurch markiert sein. Doch die meisten Toppzeichen fehlen und auch viele Pfähle sind nicht mehr sichtbar oder gucken nur noch als Stummel aus dem Wasser. Zum Glück scheint die Sonne und wir können Riffe und Untiefen gut sehen.

Als wir den Sandstrand des Inselchens ansteuern und Hans schon den Anker klar macht, startet ein Motorboot und es sind Militärs drin, die uns unwirsch anfahren: "Not allowed to anchor! It's a prison!" Anfangs begreifen wir gar nichts, doch dann drehen wir CASIMU vom lockenden Strand ab und ratschlagen. Hier können wir sonst nirgends ankern. Auf der Seekarte ist wegen der vielen verlegten Kabel überall Ankerverbot oder die Plätze sind nicht geschützt. So ein Mist! Es bleibt uns nichts anderes übrig, als - anfangs recht frustriert - nach Suva zurückzukehren.

Wir steuern durch die Riffpassage und segeln ausserhalb des Saumriffes bei schönem Abendlicht an all den rostigen Wrackresten vorbei zurück an den alten Ankerplatz vor dem Jachtclub. Die Crew von "DRAGON STAR" staunt nicht schlecht, als wir plötzlich wieder neben ihnen liegen!

Beim Abendessen im chinesischen Ming Palace vernehmen wir, dass auf der Insel die erfolglosen Putschisten von 2000 gefangen gehalten würden. - Tja, unser eben erst gekaufter Führer stammt aus dem Jahre 1993 (2. Auflage)!

Armseliges Dorf Nabouwalu
Mit 5 bis 6 Windstärken segeln wir am nächsten Tag am Wind gegen Süden, Richtung Astrolabe Riff. Das Meer ist rauh, der Himmel bedeckt und es kann jederzeit zu regnen anfangen. Bei diesen Verhältnissen wagen wir es nicht, ins Astrolabe Riff einzufahren, um bei einem der Inselchen zu ankern. Wir steuern deshalb die Bucht von Nabouwalu - 50 sm von Suva entfernt - im Westen der Insel Ono an. Bevor der Anker fällt, erblicken wir kurz eine riesige Wasserschildkröte, die aber gleich abtaucht.

Am nächsten Morgen rudern wir mit dem Kawa-Strauss an den Strand. Vice, ein 16- jähriger Junge begleitet uns zur Hütte des Häuptlings. Hans legt das Sevu Sevu vor ihn hin und sagt den gelernten Spruch dazu auf. Chef Miti nimmt das Geschenk an und heisst uns willkommen. Seine Frau Rachele sitzt am Boden der Hütte und kocht am offenen Feuer. Sie lädt uns für den morgigen Abend zum Essen ein. Gleich darauf bittet sie uns um Geld für die "Mother care" und Hans soll doch auch das Loch im roten Boot von Vice anschauen. Vielleicht könne er es ja flicken. Na gut, wenn wir den Leuten behilflich sein können, machen wir das ja gerne, denn sie haben hier wirklich nichts: keinen Laden, keine Strasse, keine Elektrizität, kein Telefon, keinen Samariterposten. Wasserhahnen gibt es ausserhalb der blechgedeckten Hütten und ebenso ein paar Duschen mit Blech darum.
Der Häuptling Miti und seine Frau Rachele in der Koch- und Esshütte. Mittagshalt und feine, frisch gepflückte Kokosnüsse.
In den Hütten stehen keine Möbel, ausser etwa ein Bett. Die Böden sind mit Matten belegt, man sitzt am Boden und gegessen wird mit den Fingern. Im Vorübergehen sehen wir ab und zu eine Frau drinnen sitzen, die aus getrockneten Pandanusstreifen eine Matte flicht; oder einen älteren Mann, der liegt. Von überall her tönt es: "Bula!" (Seid gegrüsst!) Wenn wir den Gruss erwidern, antworten viele: "Vinaka, vinaka!" (Danke, danke!). Das Dorf macht einen armseligen Eindruck und deprimiert uns etwas.

Vice ist unser dauernder Begleiter. Er geht immer barfuss und führt uns zu den Plantagen mit Taro, Yams, Maniok, Bananen, Papaya und Kokospalmen. Die Dorfbewohner sind Selbstversorger und ernähren sich vor allem von den gesunden Wurzeln des Yams und Taro, von dem auch die grossen grünen Blätter als Gemüse gekocht werden. Vice zeigt uns die Pfefferpflanze, aus deren Wurzel Kawa gemacht wird.

Besuch der Dorfschule
Am nächsten Tag möchte ich die Schule besuchen. Sie liegt im nächsten Dorf Nagara, das 5 km entfernt ist. Eine Strasse gibt es nicht. Zum Glück führt uns Vice, sonst hätten wir den richtigen, feucht lehmigen Pfad über die Hügel wohl kaum erwischt.

Die vier Häuschen der Schule liegen hübsch bei einem grossen Platz. Wir werden vom "Head Teacher" (Schulleiter) freundlich empfangen und erfahren einiges. So erzählt er uns, dass eben die nationalen Testaufgaben - in 5 oder 6 Fächern - nach Suva gesandt worden seien und nun die Schüler auf die Resultate warten würden. Die Erfolgreichen könnten dann in die Sekundarklassen und später in Suva studieren.

Seine Schüler (4. bis 6. Klasse) singen uns kirchliche Lieder vor und ich erzähle ihnen von der Schweiz. In der 7. und 8. Klasse unterrichtet der hünenhafte "Big Joe". Die Schüler lösen eben Symmetrieaufgaben und ich bin erstaunt, wie ansprechend und interessant diese aufgebaut sind.

Natürlich besuchen wir auch die Unterstufe (1. bis 3. Klasse). Die Kleinen haben besonders Freude an unserem Besuch. Begeistert singen sie den Refrain von "Ramseiers wei ga grase" mit, klatschen und wiegen sich dazu. Auch stellen sie sich gerne - wenn auch verlegen - zum Fotografieren hin und sind entzückt, wenn wir ihnen die Aufnahmen auf dem kleinen Display zeigen. Hans wird einige Fotos ausdrucken, um sie ihnen zu schenken. Die "Tuschbildli", Kugelschreiber und Filzstifte, die ich ihnen mitbringe, lösen ein riesiges Juhui aus.

Der Schulleiter freut sich über eine lederne Aktenmappe, die er schon lange benötige und auch die anderen Lehrer bekommen nützliche Geschenke. Es fällt uns auf, wie wohl erzogen die Schüler sind; allerdings werden Disziplin und Ordnung auch durch kleine Klaps und andere Körpersignale von der jungen Unterstufenlehrerin gefordert. Bemerkenswert ist, wie schön alle Lehrer an die Wandtafel schreiben.

Die Schulkinder (ab 5 Jahre) vom Dorf Nabouwalu sind von Montag bis Freitag hier. Jedes hat ein Bett mit Moskitonetz im einzigen grossen Schlafraum. Alles ist ordentlich. Eine der Mütter kocht jeweils eine Woche lang für sie. Jeden Tag ist eine Familie verantwortlich für Feuerholz und Nahrungsmittel für alle.

Wie wir sehen werden, ist das überall ähnlich: für 2 bis 4 Dörfer gibt es eine Schule. Die Schüler aus den entfernten Dörfern schlafen und essen von Montag bis Freitag in der Schule. In einigen Dörfern essen und schlafen alle Kinder intern, auch die des Schuldorfes. Essen und Holz besorgen, sowie kochen ist Aufgabe des Dorfes, von dem die Schüler stammen; da herrscht klare Clan - Ordnung!

Den Rückweg können wir im Boot von Esala den weisssandigen Buchten entlang fahren; nicht ohne eine Pause mit frisch erkletterten Trink - Kokosnüssen.

Abendessen beim Häuptling
Um 6 Uhr abends ist es schon fast dunkel, als wir dem Strand entlang und durch seichte Stellen zur Koch- und Esshütte des Häuptlings Miti gelangen. (Geschlafen wird in einem anderen Haus). Auf einem ganz niedrigen Tisch steht eine Petrollampe und viele Plättchen mit Essen: Fisch mit Taroblättern an Kokosnussrahm, gegrillter Fisch, gekochter Taro, gebackene Aubergines. Von jeder Speise ein Plättchen für uns und eines für Miti und Rachele. Wir sitzen im Schneidersitz am Boden. Das Essen schmeckt, doch Rachele ist einfach zu fordernd: es kommt ihr dauernd etwas Neues in den Sinn, was sie von uns erbitten könnte - nicht für sich selbst, wie es scheint, sondern für Mitglieder des Clans. Es kommt mir fast so vor: "Früher konnte man die Weissen verspeisen, jetzt holt man alles aus ihnen heraus, was möglich ist." Vielleicht kommt das auch daher, dass in dieser Bucht etwa Jachten ankern. Aber wie ich später merke, ist es vor allem die Eigenart von dieser Häuptlingsfrau, die uns stört. - Schade, haben wir ihr nicht gesagt, dass diese Art zu fordern auf Besucher abstossend wirkt!

Wir verabschieden uns bereits am nächsten Tag im Häuptlingshaus: Hans hat viele Fotos zum Verteilen ausgedruckt, die "Mother Care" erhält einen grosszügigen Zustupf und unserem treuen Begleiter Vice schenken wir ein Paar fast neue Wanderschuhe von Hans. Da niemand Schuhe trägt, werden diese von allen Anwesenden sehr eingehend und würdigend gemustert.

Fast zu Hause in Vacalea
Bei gutem Licht und Sonnenschein motoren wir durch die Passage zwischen Ono und der grossen Insel Kadavu. Der Wind bläst uns mit 20 Knoten entgegen, aber die Wellen sind erträglich, da im Osten das Saumriff schützt. Wie wird wohl die Weiterfahrt innerhalb des Riffes? Nach Karte und Beschreibung im Führer sollten viele Markierungen die tiefe Fahrrinne weisen: weisse Dreiecke auf den Pfählen zeigen, dass man sie seeseits passieren soll, schwarze mit Spitze nach unten, uferseits. Erfahrungsgemäss fehlen viele der Topps und auch die Pfähle sind oft weg; oder plötzlich taucht unerwartet noch ein Stummel aus dem Wasser.

Bei einer sehr engen, untiefen Kurve an Korallen vorbei, klopft mein Herz für kurze Zeit etwas schneller. Doch zum Glück scheint die Sonne immer noch, so dass die unterschiedlichen Farben des Wassers uns die ungefähren Wassertiefen anzeigen. Am Nachmittag ankern wir an der Südküste von Kadavu in der Navai Bay, einer kleinen Einbuchtung zwischen Riffen und Mangroven. Jubilierend begrüssen uns die Vögel vom dahinter liegenden Regenwald. Auf Anhieb fühlen wir uns hier wohl und geschützt.

Das Sevu Sevu werden wir morgen früh ins nahe Dorf Vacalea bringen. Vorerst rudere ich den Mangroven entlang und entdecke eine Lücke, die eben breit genug ist für ein kleines Boot. Am Ende beginnt ein Weg durch den schönen Vogelwald.

Viele Pfade führen aufwärts durch den ursprünglichen Wald mit den grossen, alten Bäumen. Wir gelangen zu einem Sau-Gehege am Waldesrand und bald begegnet uns ein junger Mann mit einem Knaben. Strahlend lachend und freundlich begrüsst er uns und wir plaudern etwas. Die Beiden sind auf dem Weg zu ihrer Plantage. Die ersten Häuser erscheinen auf dem Hügelrücken und bald begrüsst uns Arieta. Sie ist temperamentvoll offen und zeigt uns, wo wir unser Sevu Sevu abgeben können. Der Turaga ni Koro ist zu dieser Morgenzeit auf der Plantage. Ein Verwandter von ihm übernimmt die Aufgabe. Er führt uns in das Haus des Häuptlings - mit Möbeln! - und wir setzen uns auf die Matten am Boden. (Die Schuhe zieht man immer vor Betreten der Häuser und Hütten aus.) Hans sitzt dem Mann gegenüber, wir zwei Frauen lassen uns im Hintergrund nieder. Er nimmt den Kawawurzel-Strauss an und hält eine längere Rede auf fijianisch. Arieta flüstert mir mal zu, dass er auch unsere Angehörigen in der Schweiz segne.

Nach der Zeremonie wollen wir etwas bummeln gehen. Arieta begleitet uns noch kurz und meint, wir könnten uns ganz frei bewegen.

In Vacalea ist die Stimmung ganz anders als im armseligen Nabouwalu: offen, freundlich, keiner bittet um etwas, die Inneneinrichtungen der Häuser sind wohlhabender. Sicher macht auch der sonnige Tag und die wunderbare Lage des Dorfes auf dem Hügelrücken mit Blick auf die Bucht und das Saumriff etwas aus.
Unsere Anlegestelle in den Mangroven von Vacalea. Jo schultert eine Bananenstaude für uns; hinten die Navai Bay mit CASIMU.
Wir kommen zum letzten Haus auf einer kleinen Anhöhe. Unter dem grossen Mangobaum steht Nemaia, ein ruhiger, sympathischer, junger Bauer. Gerne begleitet er uns zuerst durch seine Plantagen und dann weiter Hügel rauf, Hügel runter, ab und zu durch etwas sumpfige Erde. Josefa oder Jo, ein Achtklässler, kommt auch mit und schultert bald eine Bananenstaude für uns. Als meine Waden etwas schmutzig verspritzt sind, bückt er sich und putzt sie stillschweigend mit seiner blossen Hand, was mich rührt. Jo zeigt uns später den nächsten Weg zum Anlegeplatz in den Mangroven. Gerne will er CASIMU sehen und so rudert Hans zwei Passagiere zum Ankerplatz.

Als wir CASIMU erreichen, ist der grosse, schwarz gelb gestreifte Kaiserfisch immer noch bei der Badeleiter und nascht am feinen Bewuchs. Er geht nicht einmal weg, wenn wir die Leiter rauf oder runter steigen. Er scheint ganz zutraulich und bleibt all die Tage hier, wie ein zahmes Haustier.

Am nächsten Tag ist Sonntag. Bevor wir ins Dorf kommen, tausche ich die Hosen gegen einen langen Wickelrock, denn alle kleiden sich für den Kirchgang sonntäglich feierlich. Als wir an den Häusern vorbei gehen, tönt es immer wieder "Bula!" und viele freuen sich, dass auch wir in die Kirche kommen. Während Erwachsene und Kinder dreimal zum Gottesdienst gehen, nämlich um 7, 10 und 15 Uhr, nehmen wir nur um 10 Uhr teil. Es gibt hier zum Glück nur eine Kirche, nämlich die der Methodisten und nicht ein Dutzend oder mehr wie in tonganischen Dörfern.

Jo und ein Kollege schlagen die wohltönende Kriegs- respektive heute Kirchentrommel. Eine aufgehängte Gasflasche dient zusätzlich als Glocke. Wer von den Männern etwas auf sich hält, trägt Hemd und Krawatte. Die Frauen sind alle in langen bunten Kleidern.

Wir werden offiziell auf englisch begrüsst: es sei eine Ehre, dass wir das Dorf besuchen. Anschliessend muss auch Hans nach vorne und er bedankt sich vor versammelter Gemeinde kurz für die Gastfreundschaft.

Der sonntägliche Kirchenbesuch wird auch benutzt, um die Bürger über allerlei Dorf -Angelegenheiten zu informieren. So scheint mir an den vielen vorgelesenen Fiji-Dollar-Summen, dass der Buchhalter auch vorliest für was er wieviel ausgegeben oder eingenommen hat.

Natürlich werden wir zum Mittagessen eingeladen, doch Hans hat schon vorher erklärt, dass er das nicht möchte; eigentlich schade, doch wir sind nach dem reichlichen Frühstück beide noch nicht hungrig. So bummeln wir auf die andere Seite des grossen Waldes und bewundern durch den Feldstecher die rot grünen Papageien, die nur hier auf Kadavu heimisch sein sollen und Kaka genannt werden.

Natürlich ist am Montagmorgen wieder ein Schulbesuch fällig: 4 Lehrkräfte, etwa 80 Kinder aus 4 Dörfern. Die gemütliche, wohlbeleibte Kuini ist Schulleiterin. Sie unterrichtet die 3. Klasse in einem Raum und die 4. in einem anderen. Irgendwie scheint das der Ordnung und Disziplin etwas abträglich zu sein. Doch Kuini stört das nicht gross. Gerne plaudert sie und holt dann auch Kuchen für uns in ihrem Häuschen. Sie erzählt uns von dem bevorstehenden Sportfest und Basar, wo hoffentlich genügend Geld reinkomme, um die jetzt fehlenden Stühle zu besorgen.
Ich besuche alle Klassen und wieder erzähle ich von der Schweiz, singe mit den Jüngeren, verteile Geschenke und Hans fotografiert. Wir versprechen, am Freitag auch zum Sportfest zu kommen.
Sämu, der junge Bauer mit den schneeweissen Zähnen. Die Kleinen des Dorfes Lavindi bestaunen die andersartigen "Valangi" (Weissen).
Eine weitere Wanderung führt uns in die westliche Bucht zum Nachbardorf Lavindi.
Unterwegs sehen wir einen jungen Mann in Überkleid und Gummistiefeln am Steilhang hacken. Als er uns erblickt, kommt er runter. Es ist Sämu, der uns mit strahlend weissen Zähnen anlacht. Da viele in seinem Alter schon Zahnlücken haben, frage ich ihn, ob er seine schönen Zähne immer putze. Ja, meint er stolz, er hätte sie eben letzten Freitag geputzt (heute ist Montag!).

Sämu führt uns in sein Dorf und wir trinken bei Verwandten Tee. Die Grossmutter arbeitet flink an einer neuen grossen Matte, während der Alte in der hinteren Ecke liegt. Die Enkelin legt sich abwechslungsweise zu ihm und sitzt dann wieder bei uns. Unser Besuch zieht einige Kinder an, die an der Türschwelle stehen und uns "Valangi" (Weisse) anstarren. Später besuchen wir auch das Haus des Häuptlings, wo eben einige Frauen versammelt sind, da die Häuptlingsfrau vor ein paar Tagen gestorben ist. Lavindi wirkt wie Nabouwalu, viel armseliger und stumpfer als Vacalea.

Auf dem Rückweg zeigt uns Sämu seine Ingwer - Plantage und schenkt mir einige grosse Knollen. Dann klettert er flink auf eine Kokospalme und öffnet mit ein paar Hieben mit der Machete die drei gepflückten, grünen Nüsse. Mmh, frischer Kokossaft ist mein Lieblingsgetränk in den Tropen. Wir überreichen ihm eine sportliche Uhr. (Wir haben es uns angewöhnt immer ein paar Geschenke im Rucksack zu haben.) Er freut sich darüber wie ein kleiner Junge: er sei die letzten 5 Jahren ohne Uhr gewesen... "God bless you...."

Zurück in Vacalea tönt es von hier und dort . "Heidi! Heidi!" Kuini, die Lehrerin, ruft mich von der Türe ihres Häuschens. Als wir ihr unseren Eindruck von Lavindi schildern, meint sie, man merke es den Kindern sehr wohl an, aus welchem Dorfe sie kämen; Vacalea und Nukuvou seien reiche und aufgeschlossene Dörfer, Lavindi und Namaju in jeder Hinsicht ärmer. - Wir nehmen an, dass die Person des Häuptlings und seine Initiativen von grosser Bedeutung für das Dorf sind. So hat Vacalea seit 4 oder 5 Jahren eine gut funktionierende Stromversorgung, während andere Dörfer nichts haben.

Auch viele Kinder rufen mich. Seit ich am Morgen in der Schule war, wissen sie alle meinen Namen. Einige nähern sich, nehmen mich an der Hand oder lehnen sich liebevoll an meine Seite und beginnen so gut es geht englisch zu plaudern.

Später unterhalten wir uns mit Joana und Avisai, die erst seit 6 Jahren hier wohnen. Er war vorher Taucher bei der Marine in Suva, inspizierte und reparierte Tanker und Containerschiffe. Nach der Pensionierung mit 55 Jahren haben sie sich hier in seinem Heimatdorf ein geräumiges Haus gebaut, leben von der Plantage, dem Fischfang und der jährlichen Pension von 20'000 F$ (etwa 16'000 Fr.), was hier recht viel ist. - Am Abend fühlen wir uns schon fast wie Dorfbewohner!
Arieta kommt mit ihrer Familie auf CASIMU. Nemaia besucht uns in seinem Einbaum.
Am nächsten Morgen holt Hans die Familie von Arieta im Beiboot ab: Ilitai, ihren Mann, die vierjährige Tochter Semi und den zweijährigen John. Sie haben sich schön angezogen und bestaunen unsere Jacht. Da stachelt auch schon Nemaia in seinem alten Einbaumkanu zu uns hinüber. Er will fischen gehen.

Kawazeremonie im Dorf Kadavu
Für zwei Tage verlassen wir die Navai Bay, um durch eine sehr enge, strömungsreiche Riffpassage im Lions Pool, einem Becken inmitten der Korallen beim Löwenfelsen, zu ankern und zu schnorcheln.

Da die Wettersituation etwas unsicher ist, verholen wir gegen Abend vors Dorf Kadavu und fahren mit Casimuli und Kawawurzeln bis vor die Schulanlage. Hier begrüssen uns Lehrerin und Lehrersfrau herzlich und beauftragen einen Jungen, uns zum "Chief" zu begleiten, wo wir das Sevu Sevu überreichen können. Überall viele Menschen, Lärm, Durcheinander. Die jungen Männer trainieren auf der Wiese Rugby fürs bevorstehende Turnier am Freitag.

Abends ist die Zeit Kawa zu trinken und so sitzen wir mit dem Häuptling und einigen Männern in einer Hütte am Boden und schlürfen die beige Brühe, die sie "Grog" nennen. Es gehört sich, dass man das Schälchen immer leer trinkt, wenn es einem gereicht wird. Dann wird von den Anwesenden dreimal geklatscht und der Kawameister füllt das Schälchen für den nächsten. Ich bekomme auch davon, obschon ich die einzige Frau bin. Nach zwei Schälchen habe ich einen leicht schwindligen Kopf und trinke nicht mehr weiter. Hans dagegen spürt auch nach vier Schälchen nichts. Die Männer drehen sich zwischendurch mit Zeitungspapier und einer Prise Tabak ganz dünne Zigaretten. Den Tabak würden sie beim Chinesen kaufen, sagen sie. Der Häuptling fragt Hans, ob er sich die Wasserturbine anschauen könnte, denn sie würde nicht mehr funktionieren und so gibt es keinen Strom mehr im Dorf.
Erfrischendes Bad im Dorfbach von Kadavu. Der Häuptling vom Dorf Kadavu vor seinem traditionellen "Bure".
Am nächsten Morgen besuchen wir den nahen Wasserfall, nachdem wir mit Lehrersfrauen, Lehrern und vielen anderen geplaudert haben. Begleitet von zwei Dorfschönen schwimme ich mit den Kleidern im tiefen Becken. Hans begutachtet den noch gar nicht alten Dorfgenerator und meint, er sei halt vollständig vergammelt. Andi, die eine Dorfschöne, kommt mit einem Kessel heissem Wasser. Sie wolle am Bach eine warme Dusche nehmen! Über die zementierten Dorfwege - ein Geschenk der Nazarener Kirche - bummeln wir an offenen Hütten mit flechtenden Frauen vorbei. In den Mangroven, etwa eine Viertelstunde ausserhalb des Dorfes, soll der Laden des Chinesen liegen. Den wollen wir uns anschauen. Während unserer Wanderung kleben meine nassen Kleider lange an mir und als sie nur noch feucht sind, beginnt es zu regnen!

Mit Eiern, Butter und neuseeländischem Cheddarkäse verlassen wir den Chinesen (sein Vater war Chinese, die Mutter Fijianerin). Seine Frau schenkt mir noch speziell lange grüne Bohnen, die sie eben gepflückt hat. Da Ebbe ist, können wir dem Strand entlang waten, am Haus des Nazarenerpastors vorbei, zum Beiboot vor der Schule. Casimuli liegt inzwischen hoch und trocken. Schon helfen uns etwa acht Schulkinder, ihn ins Wasser zu tragen.

Beide zieht es uns zurück an unseren ruhigen, schönen Ankerplatz bei Vacalea. Am Donnerstag erlese ich unsere Geschenkskiste. Ich finde vieles für das morgige Sportturnier mit Schulbasar: einige T-Shirts, schöne Turnschuhe von Hans, Flossen, allerlei Kosmetika. Das alles bringen wir Kuini, der Schulleiterin.

Rugby- und Korbball-Turnier in Vacalea
Seit Tagen sind die Dorfbewohner gemeinsam dran, Wege zu säubern, Unterstände auf dem Schulgelände aufzustellen und das Rugbyfeld zu ebnen und zu markieren. 30 Rugby- Mannschaften werden erwartet. Das Spielfeld für "Netball" (Korbball) der Frauen weist in der Mitte eine riesige schlammige Pfütze auf. Auf dem Frauentableau gibt's etwa 20 Mannschaften. Die von den weit abgelegenen Dörfern kommen schon heute Donnerstag in ihren Booten an.

Von zwei geschlachteten Kühen werden grosse Teile mit samt dem Fell ausgeladen und zu den Feldküchen gebracht, wo sie gleich fein säuberlich zerlegt und zu Ragout geschnitten werden. Denn für all die vielen Teilnehmer und Besucher wird gekocht; das Geld fliesst der Schule zu. Die Köpfe der Kühe werden unbearbeitet aufgestellt, was für uns fremd ist.

Freitags früh muss Hans zuerst unser gebrochenes Paddel flicken. Es dient ihm ein grüner gerader Stecken, den er auf die Masse zurecht schnitzt, raffiniert befestigt und durchbohrt und so können wir bald los rudern. Das Dorf ist wie ausgestorben. Alle sind unten auf dem Schulgelände, wo seit sieben Uhr die Turniere im Gang sind.
Die geschlachteten Kühe werden fürs morgige Turnier zerkleinert und gekocht. Das matschige Korballfeld tut dem Spass keinen Abbruch.

Die Spielfelder sind noch etwas matschiger geworden, denn es hat nachts wieder geregnet. Die Pfütze in der Mitte des Korbballfeldes der Frauen wird bald zu einem riesigen Lehmpool. Die Turnschuhe kleben darin und werden hinderlich. Deshalb werden sie von den meisten ausgezogen und nun rennen die Spielerinnen barfuss oder in den anfangs weissen Socken! Die kurzen Sportröcke sehen köstlich aus, vor allem wenn darunter stämmige Schenkel hervor gucken. Dass der lehmige Ball ihnen auch die Gesichter verspritzt, scheint niemanden heftig zu stören.

Spielerinnen und Zuschauerinnen haben einen Riesenspass und schreien und tanzen begeistert, wenn ein Schuss durch den Ring geht (ein Netz daran gibt es nämlich nicht) oder "ihr" Männerteam einen Punkt macht. Ich plaudere hier und da und werde von ein paar Mädchen immer wieder liebkost, während Hans oben bei den ehrbaren Männern sitzt und Kawa schlürft.

Die Rugby -Teams der Männer kämpfen stürmisch. Es ist aber auffallend wie fair der grobe Sport ausgetragen wird. Die Organisation ist perfekt, das Programm dicht gedrängt: ein Spiel folgt dem nächsten. Gegen 17 Uhr stehen die Gewinner fest und der Wanderpokal kann für ein Jahr mitgenommen werden. Bald füllen sich die kleinen offenen Boote wieder und fahren mit Mannschaften und Angehörigen ihren Dörfern zu.

Für den nächsten Tag hat uns Geoff, der Australier aus Melbourne, der hier in der Nähe ein kleines *****Resort aufbauen will (Spezialität : Flyfishing) zum Fischen eingeladen. Da der Wind auf SW gedreht hat und voll in unsere kleine Navai Bay bläst, können wir CASIMU nicht alleine lassen, schade! Doch am Nachmittag bringen uns Geoff und seine Begleiter einen schönen Fisch als Trost und wir laden die vier an Bord ein zu Bier, frischen Chapati mit Bananenblüten-Sauce und Käse.

Der Abschied von dem liebgewonnen Vacalea fällt uns etwas schwer und auch einige Bewohner lassen uns nur ungerne ziehen. Vor dem 10 Uhr Gottesdienst machen wir die Runde mit den Fotos vom Turnier durchs Dorf und sagen adieu. Ein paar haben Tränen in den Augen und Kuini hängt zwei Muschelketten von der Wand ab, um mir ein Andenken mitgeben zu können. Viele hoffen, dass wir nächstes Jahr - nach der Hurrikan-Saison - wieder kommen. Kinder begleiten uns bis runter zu den Mangroven und die lustige Seiniana nimmt mich am Arm, schmiegt sich an mich und sagt immer wieder: "You are very good people." Einmal fügt sie noch hinzu: "my parents tell." Wenn ich wiederkäme, möchte sie dann aufs Boot kommen.

Wir sind uns bewusst, dass dieser Aufenthalt der Höhepunkt unserer Fiji Reise war. Beglückt und dankbar heben wir den Anker. Das Licht ist gut und auch der Wind. Bald setzt Hans die Segel und am Riff entlang fahren wir nun auf der Ostseite von Ono in die Lagune des Astrolabe - Riffes zum unbewohnten Inselchen Namara, wo wir im Lee ankern.

Wir sind nur noch Passanten
Die Zeit wird langsam knapp, wenn wir noch nach Neu-Kaledonien wollen. Da es am nächsten Morgen bedeckt ist, reut es mich nicht so sehr, dass wir weiter müssen. Wir wählen gleich die nächste Ausfahrt durch die Herald Passage und bei schönem östlichem Wind kommen wir gut voran und sind früher als berechnet im Osten des Beqa-Riffes, wo wir durch die Sulphur Passage in die riesige Lagune segeln. Unter Motor geht's dann der stark abgeholzten Nordküste und später der Westküste der Insel Beqa entlang, bis in die tiefe, gut geschützte Vaga Bay (total 40 sm).

Bei abendlichem Sonnenschein rudern wir noch zum nahen Dorf und übergeben dem Häuptling das Sevu Sevu. Gleich um die Landnase herum lebe eine Schweizerin, Christine. Sie sei mit einem Fijianer verheiratet und führe ein kleines Resort. Schade, heute wird es schon bald dunkel und morgen wollen wir weiter.

Dass wir am nächsten Tag gleich die ganzen 73 sm der südlichen Coral Coast entlang nach dem Westen von Viti Levu schaffen würden, wagten wir nicht zu planen.

Der Wind kommt anfangs mit 5 später mit 6 Windstärken genau von hinten, also segeln wir im Schmetterling. Die beträchtlichen Wellen schieben mit. Weit und breit ist kein anderes Schiff unterwegs. Die Brecher bei den Einfahrten durchs Riff zu den Ankerplätzen sehen furchterregend aus. Also lieber weiter. Durch den Feldstecher sehen wir die enorme Sanddüne von Sigatoka und später die riesige Hotelanlage des Fijian Resort. Noch vor der Dämmerung fahren wir durch die Navula Passage und ankern in der weiten Momi Bay.

Die Touristeninsel Malolo Lailai und die berühmte, aber mit Jachten übersäte Musket Cove würdigen wir am nächsten Morgen nur eines kurzen Augenscheines, um dann in einer ruhigen Bucht im NW von Malolo ganz alleine zu ankern.

Ich lerne Rachele vom kleinen Dorf kennen, die im nahen Resort als Zimmermädchen angestellt ist. Sie arbeitet 11 Tage hintereinander von 8 bis 17 Uhr und danach hat sie 3 Tage frei. Sie erhält alle 2 Wochen 267 F$ (etwa 420 Fr. monatlich). Da sie ein Haus und eine Plantage besitzt, braucht sie wenig Geld. Sie konnte sich ein Polyesterboot mit einem 40 PS-Aussenborder-Motor, einen Generator und einen Fernseher kaufen. Eben haben die jährlichen 14- tägigen Ferien angefangen. Sie geht mit dem Neffen fischen und steht bald fast im Dunkeln bis zu den Hüften im Wasser.

Mein morgendlicher Ruderausflug zum kleinen Inselchen ist weiter und härter als ich dachte. Strömung, Wellen und Wind machen mir zu schaffen. - Später motoren wir zur nahen Vuda Point Marina - seit Raiatea oder 3 Monaten - die erste Marina. Der dicke Inder, der uns mit dem Boot einweist, ist herrisch und unfreundlich. Seit Suva haben wir keine Inder getroffen, denn auf Ono und Kadavu gibt es keine. Hier im Westen von Viti Levu leben vorwiegend Inder, die Zuckerrohr anbauen, das dann in der nahen Stadt Lautoka raffiniert und verschifft wird.

Gegen Abend warten wir auf den Bus nach Lautoka, als ein Schmalspurzug (Spurweite ca. 750 mm), bestehend aus 63 mit Zuckerrohr schwer beladenen Wägelchen, die Strasse quert. Lautoka ist viel schäbiger als Suva. Es ist die Stadt der Inder. Die wenigen Fijianer grüssen uns meist lächelnd: "Bula!" - Es ist unmöglich, im Stadtzentrum ein ansprechendes, indisches Restaurant zu finden; lauter "Take away"- Buden, die wenig einladend aussehen.

Später trinken wir an der Marina Bar mit den deutschen Einhandseglern Harald, Klaus und Kay noch ein Bier. Die Boote von Harald und Klaus sind auf den Böcken und es gibt noch eine Menge zu tun!

Am nächsten Tag fahre ich wieder nach Lautoka, um nach Neu-Kaledonien auszuklarieren. Der Zollbeamte ist äusserst nett und hilft mir die vielen Formulare auszufüllen (zuerst muss nämlich ein- und dann gleich wieder ausklariert werden). Dafür macht die Immigrationsdame Probleme. Sie müsse beide Personen sehen und auch das Schiff. Als ich ihr erkläre, jetzt sei ich die 15 km extra mit dem Taxi hierher gefahren, sie soll doch so nett sein..... Nein, sie hätte von ihrem Chef seit 2004 den Auftrag, auch die Schiffe zu inspizieren. Wieso denn, um Gottes Willen? Auf einem Containerschiff hätten sich zwei Inder versteckt und seien nach Neuseeland geschmuggelt worden! Wo sollten wir denn bloss auf unserem 13 m Boot noch Inder verstauen? - Endlich rückt sie doch mit den Formularen hervor und zückt den Stempel für die Pässe. Ich muss ihr aber versprechen - falls ich den Chef treffen würde - ihm zu sagen, sie hätte unser Schiff untersucht! Wenn's nur das ist!

Der Taxifahrer hält noch auf dem Markt, denn wir brauchen noch Früchte und Gemüse. Zum Schluss will ich noch den modernen Sri Krishna Tempel besuchen, der allerdings keine meiner früheren Indienerlebnisse anzuklingen vermag. Zum Abschied gönnen wir uns abends ein feines Essen auf der Meerterrasse des nahen Luxus-Resorts. Eine sehr hübsche Hotelfachstudentin bedient uns aufmerksam.

Am nächsten Tag ankern wir bei Flaute nochmals, um all die Vorbereitungen für die Überfahrt nach Neu-Kaledonien zu treffen. Doch der plötzlich einsetzende Westwind wirft Wellen auf und CASIMU beginnt zu bocken, dass ich beinahe seekrank werde. Kurz vor Einnachten hebt Hans den Anker und wir motoren mit wenig Licht durch die Korallen dem offenen Wasser entgegen und segeln die paar Meilen zur weiten, uns bekannten und ruhigeren Momi Bay.

Nach einem ausgiebigen Frühstück mit frischen Roggenmehl-Chapati, koche ich eine Kürbissupe vor, die ich mit viel feinem Ingwer (von Sämu) und gemischtem indischem Currry würze. Hans macht alles an Deck seeklar und so starten wir am Sonntag, den 26. September bei noch südlichen Winden die fast 700 sm lange Strecke nach Nouméa in Neu-Kaledonien.

Prony-Bay in Neu-Kaledonien, den 12. Oktober 2004

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